Wie steht es um den Mittelstand?
Top Magazin im Gespräch mit Hans-Josef Helf, BVMW Pressesprecher Freistaat Sachsen
Wie ging es dem sächsischen Mittelstand vor der Krise?
Hans-Josef Helf: Die sächsische Wirtschaft hatte 2019 deutlich an Schwung verloren. Jedoch konnte der Abwärtstrend im Stimmungsbild der Unternehmen laut einer Konjunkturumfrage der sächsischen Industrie- und Handelskammern zu Beginn des Jahres 2020 gestoppt werden. Im vergangenen Jahr dürfte die sächsische Wirtschaft kaum noch gewachsen sein. Hochrechnungen liegen bei einer Wachstumsrate von 0,3 Prozent. Vor allem der Rückgang der hiesigen Industrieproduktion trug maßgeblich zur abflauenden Wachstumsdynamik bei. Andererseits war eine positive Wertschöpfung im sächsischen Bau-, Dienstleistungs- und Handelsbereich erkennbar. So hatten sich die Aussichten vor der Krise für 2020 leicht aufgehellt. Der Freistaat Sachsen erwartete ein moderates Wirtschaftswachstum von 1,2 Prozent. Umso ernüchternder sind nun die Auswirkungen der Coronakrise auf die sächsische Wirtschaft zu bewerten.
Welche Einschnitte muss der Mittelstand aufgrund des Corona bedingten Shutdowns hinnehmen?
Die Auswirkungen der weltweiten Corona-Pandemie bestimmen aktuell das Geschehen der gesamten deutschen Wirtschaft. Durch den umfangreichen Shutdown weiter Teile des öffentlichen Lebens musste ein Großteil der Firmen ihre geschäftliche Tätigkeit deutlich zurückfahren oder sogar abrupt stoppen. In einigen Branchen ist der Betrieb nahezu völlig zum Erliegen gekommen. Die Auswirkungen auf die aktuelle Lage und die Geschäftserwartungen der Unternehmen sind demzufolge dramatisch. So ist im Freistaat Sachsen der Geschäftsklimaindex von 120 Punkten auf 77 Punkte abgestürzt. Der Wert liegt damit noch 2 Punkte unter dem Tiefstand von 2009 während der Finanz- und Wirtschaftskrise.
Welche Branchen sind besonders betroffen und welche gehen vielleicht sogar gestärkt aus der Krise?
In Folge der Coronakrise mussten Läden schließen, Lieferketten sind zusammengebrochen und Fabriken mussten ihre Produktion einstellen. So ist die Wirtschaft schwer getroffen. Es ist eben so, dass die gesamte Volkswirtschaft massiv unter den Corona-Auswirkungen leidet. In vielen Branchen sind die Auswirkungen dramatisch: Dazu zählen neben der Autoindustrie mit ihren vielen mittelständischen Zulieferern, der Maschinen- und Anlagenbau, der Einzelhandel mit Nonfood-Produkten wie Bekleidung, die komplette Gastronomie sowie die Reise- und die Messe- und Veranstaltungsbranche sowie Hotels und Fluglinien.
Nachdem die Fallzahlen in vielen Landkreisen wieder unter ein bedenkliches Niveau fielen, konnten im Freistaat Sachsen seit dem 20. April die Beschränkungen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie wieder schrittweise zurückgenommen werden. Diese Vorgehensweise wird vom Großteil der sächsischen Unternehmen (55%) mitgetragen. Mehr als jede dritte Firma (37%) bewertet die Lockerungsmaßnahmen als zu zögerlich.
Vor allem im besonders betroffenen Gast- und Tourismusgewerbe sowie im Großhandel ist der Anteil der Betriebe, die sich eine zügige Rückkehr zur Normalität wünschen, mit jeweils 48 Prozent am höchsten. Bedenken hinsichtlich einer möglichen zweiten Welle bleiben bestehen. Eine solche und ein erneuter großflächiger Shutdown hätten noch weit dramatischere Auswirkungen auf die sächsische im Speziellen, und die deutsche Wirtschaft im Allgemeinen.
Die Bundesregierung hat zahlreiche Hilfspakete für die Wirtschaft geschnürt. Wie bewerten Sie diese? Kommen die Unterstützer-Pakete auch wirklich bei den Unternehmen an?
Über die Hälfte der deutschen Mittelständler hält die Maßnahmen, die im Konjunkturpaket der Bundesregierung genannt werden, für nicht ausreichend, um die Wirtschaft wieder in Schwung zu kriegen. Das ergab eine Umfrage im Auftrag des Bundesverbands mittelständische Wirtschaft e.V. (BVMW) unter rund 1.700 Unternehmern. So ist der Mittelstand unzufrieden mit dem jüngsten Konjunkturpaket der Bundesregierung. Nur ein Viertel der Unternehmerinnen und Unternehmer halten die Maßnahmen für ausreichend, um die deutsche Wirtschaft wiederzubeleben. Eine Verbesserung der Auftragslage, Auslastung und Nachfragesituation spürt nur jeder vierte Mittelständler. Dennoch schaut die große Mehrheit der Mittelständler optimistisch in die eigene Zukunft: Fast 80 Prozent sind davon überzeugt, dass ihr eigenes Unternehmen die Krise überleben wird, wenn auch mit Umsatzeinbußen. Der BVMW fordert: die Bundesregierung soll deshalb jetzt einen konkreten Maßnahmen- und Zeitplan zur dauerhaften Entlastung der Mittelständler vorlegen, um Investitionen und damit Wachstum zu fördern. Dazu gehören auch die Abschaffung des Solidaritätszuschlags, die Senkung der Stromsteuer und ein deutlich abgesenkter einheitlicher Mehrwertsteuersatz auf Dauer. Wir müssten jetzt in neue Strukturen nach der Coronakrise investieren.
Wie kann der BVMW den Unternehmen helfen? Welche Rolle kann Netzwerkarbeit beim Wiederaufschwung spielen?
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Darüber hinaus steht der BVMW seinen Mitgliedern mit wertvollen, exklusiven Leistungen und Informationen zur Verfügung. Unser Verband sorgt für die Vernetzung der Unternehmer und verschafft ihnen vielfältige Wettbewerbsvorteile. Gerade das wird in den nächsten Monaten des Wiederaufbaus von großer Bedeutung sein. Lernen Sie ein Netzwerk kennen, das in Qualität und Größe in Deutschland einzigartig ist. Als Solidargemeinschaft halten wir es mit dem Sprichwort: „Wenn Du schnell gehen willst, geh‘ alleine. Wenn Du weit kommen willst, geh‘ gemeinsam.“
Kontakt:
Der Mittelstand.
BVMW Bundesverband mittelständische Wirtschaft
Unternehmerverband Deutschland e.V.
Büro Pressesprecher Sachsen Hans-Josef Helf
Große Meißner Straße 15, 01097 Dresden
Telefon +49 351 81039911
hans-josef.helf@bvmw.de
www.bvmw.de/ansprechpartner/hans-josef-helf/
Quellen:
IHK Sachsen, Konjunkturbericht Sachsen Jahresbeginn 2020
https://www.chemnitz.ihk24.de/blueprint/servlet/resource/blob/4695990/
d42b9ce01b23c5180d8f906faf479a2a/konjunkturbericht-sachsen-jb-2020-data.pdf
WirtschaftsWoche, Artikel: Die bitteren Folgen des Coronaschocks – In diesen vier Branchen wird es eng, 2020/03/22
https://www.wiwo.de/unternehmen/handel/die-bitteren-folgen-des-
coronaschocks-in-diesen-vier-branchen-wird-es-eng/25667752.html
IHK Sachsen, Konjunkturumfrage Sachsen: Sächsische Wirtschaft im Corona-Krisenmodus, Frühling 2020
https://www.chemnitz.ihk24.de/blueprint/servlet/resource/blob/4793646/
12289f1ff3396516257e1baaf2f9e90c/konjunktur-sachsen-fruehjahr-2020-
pdf–data.pdf
BVMW, Mittelstand mit Konjunkturpaket unzufrieden (2020/06/23)
https://www.bvmw.de/news/6277/mittelstand-mit-konjunkturpaket-
unzufrieden/
Interview: Philipp Demankowski