Filmkritik „Pavarotti“: Eine Stimme für die Massen

Luciano Pavarotti mit Prinzessin Diana, Fotos: © Wild Bunch Germany
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Ron Howard inszeniert den großen Tenor PAVAROTTI im gleichnamigen Dokumentarfilm bildgewaltig, aber letztlich zu brav.

Ein großer Film für einen großen Mann? Eindrucksvoll ist „Pavarotti“ in jedem Fall. Für einen Dokumentarfilm mit fast zwei Stunden relativ umfangreich, werden die Lebensstationen des Ausnahmetenors trotzdem recht schnell abgehandelt. Und das ist durchweg interessant anzusehen, aber auch keine wirkliche Überraschung. Es gibt bei einer Persönlichkeit, die dermaßen in der Öffentlichkeit stand wie Pavarotti, natürlich genug Material für eine ansprechende Bebilderung. Hinzu kommen Interviews mit der Familie, aber auch mit prominenten Kollegen und Fans wie José Carreras, Plácido Domingo und Bono. Und tatsächlich kann man konstatieren, dass der Film handwerklich absolut fehlerfrei ist. Ron Howard ist schließlich kein Nobody. Er hat sich sowohl im Spiel- als auch im Dokumentarfilm-Segment längst seine Meriten verdient. Gerade das Leben von weltbekannten Musikern hat dabei zuletzt einen Schwerpunkt in seinem Schaffen ausgemacht. „Made in America“ von 2013 drehte sich um das gleichnamige Festival von Rap- Schwergewicht Jay-Z und „The Beatles: Eight Days a Week“ zeichnete die schier endlose Tour der Pilzköpfe zwischen 1962 und 1964 nach.

Fotos: © Wild Bunch Germany
Aus Sicht eines Laien?

Mit „Pavarotti“ stellte sich Ron Howard nun aber einer Aufgabe, die insofern eine Herausforderung darstellte, als dass der Regisseur alles andere als ein ausgewiesener Opernexperte ist. Sein Ziel, Pavarottis Welt aus Sicht eines Laien darzulegen, gelingt dabei nur teilweise. Zwar gibt es ab und an kurze Stellen, in der die Faszination des Operngesangs ansatzweise thematisiert wird. Aber die Absicht, das Wesen der Oper wirklich vollends zu greifen und auch dem Nichtkundigen zu vermitteln, misslingt. Stattdessen erzählt Ron Howard minutiös Pavarottis Biografie nach. Von der anfänglichen Begeisterung für das Singen, die ihm sein Vater mitgab, der zwar Bäcker war, aber mit Begeisterung im Chor seiner Heimatstadt Modena sang, bis hin zur opulenten Beerdigung 2007, bei der 100.000 Menschen Ab schied von Pavarotti nahmen, der im offenen Sarg im Dom San Geminiano in Modena aufgebahrt war.

José Carreras, Luciano Pavarotti und Placido Domingo, Fotos: © Wild Bunch Germany
Legendäre Momente

Die große Stärke des Dokumentarfilms ist die Inszenierung von Pavarottis großen Momenten. Man muss schon kalt wie eine Hunde schnauze sein, wenn man nicht ergriffen ist vom legendären Konzert der drei Tenöre Pavarotti, Carreras und Plácido Domingo in den römischen Caracalla-Thermen. In Erinnerung bleibt auch der Moment, als Pavarotti das Londoner Publikum im strömenden Regen bat, die Regenschirme zu schließen, da mit jeder gut sehen könne. Darunter auch eine pudelnasse Lady Diana, zu der der Opernsänger später ein besonderes Verhältnis pflegte. Dabei wird auch deutlich, warum Pavarotti seinen Fans so viel bedeutete. Er war ein Mensch, der das Herz am rechten Fleck hatte und mit seinem einnehmenden Lächeln begeisterte. Marotten wie das unvermeidliche Taschentuch oder die Hawaiihemden trugen nur zur Legendenbildung bei. Dass der Opernsänger abseits der Öffentlichkeit aber auch ein schwieriger Charakter sein konnte und seine Familie vor harte Be währungs proben stellte, wird leider nur nebenbei erwähnt und et was zu schnell abgetan. Übrig bleibt ein bildgewaltiger, schwungvoller Film, der gewiss jederzeit unterhält, der aber etwas zu nachsichtig mit seinem Untersuchungsgegenstand umgeht und dadurch letztlich verpasst, eine wirklich umfassende Charakterstudie vorzulegen.  

Pavarotti

Regie: Ron Howard, Filmstart: 26. Dezember

Text: Philipp Demankowski

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