Theaterkritik „Biedermann und die Brandstifter”: Zündler mit Ansage

„Biedermann und die Brandstifter” – v.l.: Anna-Katharina Muck (Anna, ein Dienstmädchen), Viktor Tremmel (Eisenring, ein Kellner), Eva Hüster (Babette, Biedermanns Ehefrau), Philipp Grimm (Herr Biedermann), Philipp Lux (Schmitz, ein Ringer)
0
Max Frischs „Biedermann und die Brandstifter” (Regie: Nicola Bremer) im Kleinen Haus.

Als „Ein Lehrstück ohne Lehre” untertitelte Max Frisch sein Ende der 1950er Jahre entstandenes Drama „Biedermann und die Brandstifter”. Es ist neben „Andorra” das bekannteste Theaterstück Frischs, häufig inszeniert, bis heute Schulstoff und als Buch ein Millionenbestseller. Erste Vorentwürfe schrieb der Schweizer Schriftsteller bereits im Jahr 1948 unter dem Ein – druck des Umsturzes in der Tschechoslowakei nach der Machtübernahme der kommunistischen Partei.

Protagonist des Dramas ist der Geschäftsmann Gottlieb Biedermann (Philipp Grimm). Er selbst sieht sich als wertvolles Mitglied der Gesellschaft mit sozialer Ader. Gemeinsam mit seiner Gattin Babette (Eva Hüster) bewohnt der Haarwasserfabrikant ein großes abgeschottetes Haus, versorgt vom Hausmädchen Anna (Anna-Katharina Muck).

Ein Fremder lässt sich vom Hausmädchen nicht abweisen. Anfangs widerstrebend nimmt Biedermann den arbeitslosen Ringer Schmitz (Philipp Lux) für eine Nacht auf, nachdem dieser die Gastgeber geschickt umschmeichelt. Bedenken, den Unbekannten zu beherbergen, nachdem im Wohnumfeld bereits mehrere Brandstiftungen gleichen Musters erfolgten, zerstreut Schmitz. In der Nacht er scheinen ein weiterer ungebetener Gast und mehrere Fässer Benzin auf dem Dachboden des Hauses. Am Morgen danach empört sich Biedermann über den Lärm und den zweiten Mann auf seinem Dachboden. Er beauftragt seine Frau, Schmitz und dessen Bekannten Eisen ring (Viktor Tremmel) vor die Tür zu setzen. Doch mit einer Mischung aus Unterwürfigkeit, unverschämter Forderungen und unterschwelligen Drohungen schaffen es die beiden Zündler, im Haus zu bleiben. Ihre wahren Pläne verbergen beide im Anschluss nicht und witzeln mit Biedermann über den Zweck des Benzins. Die Wahrheit ist hierbei die beste Tarnung, wird sie doch nur für einen makabren Scherz gehalten.

Biedermanns Fassade als Unternehmer mit sozialem Bewusstsein bröckelt, als er vom Selbstmord seines kürzlich entlassenen Mitarbeiters Knechtling erfährt. Biedermann weist kaltblütig jede Mitschuld daran von sich. Doch um sein Selbstbild vom guten Menschen aufrecht zu erhalten, läuft er – getrieben von Angst, Feigheit und Scham, sich anbiedernd bei den Brandstiftern – sehend in sein Unglück. Seine Gäste werden ihm doch nicht das Haus anstecken, irrt Biedermann …

Die Rollen sind aus dem wunderbaren Ensemble des Staatsschauspiels durchweg stimmig besetzt. Alle agieren spielfreudig. Die Biedermanns mit Glatzen und Bomberjacken aussehen zu lassen wie Nazis in den 1990er Jahren, wirkt aber unnötig platt. Das Dienstmädchen zudem als eine Art virtuelle Assistentin zu inszenieren, ist überflüssiger Klamauk.  

Biedermann und die Brandstifter

von Max Frisch, Regie: Nicola Bremer
im Kleinen Haus, Glacisstraße 28, 01099 Dresden
Dauer der Aufführung: 1 Stunde und 15 Minuten. Keine Pause.

Termine etc. unter www.staatsschauspiel-dresden.de

Text: Jörg Fehlisch

Sie interessieren Sich möglichweise auch für:

X