Filmkritik „Asche ist reines Weiß“: Roadtrip durch China

Fotos: © LOOKGOODONYOU.COM
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In Asche ist reines Weiß spinnt Regisseur Jia Zhangke ein nachhallendes Drama um eine Liebesgeschichte, das China in epischen Dimensionen zeigt.

Der chinesische Titel „Jiang Hu Er Nu“ (deutsch: Die Söhne und Töchter des Jianghu) gibt allerdings eher noch einen Hinweis auf das Thema des Films. Die Jianghu sind die Gesamtheit der Geheimgesellschaften und Triaden, die chinesische Mafia-Variante. Die Mitglieder dieser Gemeinschaft leben nach einem Ehrenkodex, der ganz unterschiedliche Formen annehmen kann und in Ritualen manifestiert. Wer gegen die Festlegungen verstößt, muss mitunter mit harten Strafen rechnen. An der Spitze steht in „Asche ist reines Weiß“ Bin, der akzeptiert wird, auch weil er seine Macht nicht ausspielt, sondern fast schon salomonische Urteile fällt. Von den Behörden wird die Vormachtstellung von Bin offensichtlich kaum infrage gestellt. Auch der örtliche Polizeikommissar akzeptiert seine Rolle offenbar. Einmal wird er gar König genannt. Bin zur Seite steht seine Freundin Qiao, die mit ihrem akkurat geschnittenen Pony auch sichtbar die Rolle der Königin einnimmt, ihre Verwurzelung aber niemals leugnet.

Schnaps und Mahjongg

Der Film spielt zunächst in der Heimat von Regisseur Jia Zhangke, der in einer vom Bergbau geprägten Region im Nordwesten Chinas geboren ist. Die Städte sind hier halbfertig. Beton dominiert das Bild. Stadien liegen brach. Die Bergleute sträuben sich nur noch halbmotiviert gegen die drohenden Schließungen. Die Männer der Jianghu hingegen, die sich gegen seitig Bruder nennen, sitzen beim Mahjongg, trinken Schnapsgemische oder schauen sich Akrobatikshows an. Bei Beerdigungen wird dem Toten gedacht, indem sein Hobby eine Plattform bekommt. Auch wenn es die komplett fremd wirkende Darbietung eines lateinamerikanischen Tanzes ist. Immer wieder kommen auch dubiose Aufführungen vor, die in Deutschland wohl eher als kitschiger Trash denn als Kunst bezeichnet werden würden. Das alles gehört zu China, hat seinen Platz in der Stadt Datong, einer der größten Städte in der nordwestchinesischen Provinz Shanxi. Später verschlägt es die Protagonisten in die Region an der Drei-Schluchten-Talsperre, jenes gigantische Bauprojekt am Jangtsekiang, das ganze Städte verschwinden ließ.

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Authentisches China

Es ist ein Drama von epischer Dimension, das Regisseur Jia Zhangke entwirft. Im Mittelpunkt steht die Liebesgeschichte von Qiao und Bin, die sich über 18 Jahre, in drei Akten und über tausende von Kilometern erstreckt. Doch die Entwicklung der Beziehung der beiden Hauptprotagonisten ist nicht wirklich die Stärke des Films. Stattdessen wird er wegen der Kamera, der Musik und den eingefangenen Landschaften in Erinnerung bleiben. Der Film wirkt wie ein Potpourri aus den Versatzstücken von Jia Zhangkes Filmverständnis. In Filmen wie „Still Life“, „A Touch Of Sin“ oder „Mountains May Depart” stellt er chinesisches Leben authentisch und nicht idealisiert dar. Seine Filme zeichnen sich dabei durch eine fast schon dokumentarisch anmutende Immersion aus. Auch die Jianghu spielen immer mal wieder eine Rolle. Damit kommt er vor allem bei den Kritikern im Ausland gut an. In vielen dieser Filme spielt Zhao Tao die Hauptrolle. Und auch in „Asche ist reines Weiß“ ist die Ehefrau von Jia Zhangke eine Offenbarung und allein schon das Eintrittsgeld wert.

Asche ist reines Weiß

Regisseur: Jia Zhangke
Kinostart: 21. Februar 2019

Text: Philipp Demankowski

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