Antike Radikale

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Die Ausstellung „Medea muckt auf. Radikale Künstlerinnen hinter dem Eisernen Vorhang“ zeigt provokante Interpretationen antiker Vorlagen von Künstlerinnen vor 1989.

Zwar wichen vor 1989 gerade in Ostdeutschland Literaten und Maler häufig auf antike Schauplätze aus, wenn es galt, Unbehagen am Regime darzustellen. Für die in der Ausstellung vorgestellten Künstlerinnen jedoch, allesamt auf der so zia listischen Seite des Eisernen Vorhangs gereift, stand nicht die vornehme Verschlüsselung im Zentrum. Ganz im Gegen teil: Ihre Interpretationen von Medea, Kassandra oder Penthesilea waren die Auslöser für zeitgenössische Frauenbilder, manchmal sogar der reine Punk. Diese Künstlerinnen zündelten, provozierten, protestierten, experimentierten unter dem Radar akzeptierter Medien, entblößten sich selbst und ihren Zorn, verweigerten sich sozialistischen und bürgerlichen Rollenmodellen gleichermaßen. Mit dieser doppelten Verweigerung gingen sie meist größere Risiken ein als ihre männlichen Kollegen. Doch dieses gebündelte Ausmaß an Trotz und Energie wirkt in ihrer Bildsprache bis heute nach.

Gegen das Vergessen

Werke werden gezeigt, die bis dato einem breiten Publikum noch unbekannt sind. Die Kuratorin der Ausstellung, Susanne Altmann, bezieht dabei explizit Stellung gegen die Leerstellen im Gedächtnis der jüngeren Kunstgeschichte und die Marginalisierung weiblicher Positionen. Statt Opfergesten und Verbitterung findet man Selbstbewusstsein und Stärke, dabei oft von einer außerordentlichen künstlerischen Qualität. Künstle r innen wie die polnische Bildhauerin und Textil künst lerin Magdalena Abakanowicz, die mit ihren über- und dreidimensionalen Textilskulpturen für Aufsehen sorgte und stets auf der Suche nach der individuellen Prägung in der Masse war. Oder die rumänische Künstlerin Geta Brätescu, die sich explizit mit der griechischen Mythologie und insbesondere mit Medea beschäftigte. Sie interpretierte die antike Figur mit aufsehenerregenden Stoffarbeiten.

Umfangreiches Begleitprogramm

Die Ausstellung unter der Federführung des Albertinums versammelt in der Kunsthalle im Lipsiusbau insgesamt 36 nationale Künstlerinnen und Künstlerinnengruppen. Neben Malerei, Fotografie und Medienkunst sind Textil- und Papierarbeiten sowie Performances und Installationen zu sehen. Ein umfangreiches Begleitprogramm umrahmt die Ausstellung, unter anderem widmet sich ein Abend der Geschichte des Berliner Modekollektivs Allerleirauh. Auch ein international besetztes Kolloquium wird stattfinden. Zudem wird ein Sammelband mit Beiträgen renommierter Autoren zum Thema erscheinen.

Medea muckt auf. Radikale Künstlerinnen hinter dem Eisernen Vorhang

8. Dezember 2018 bis 31. März 2019
Kunsthalle im Lipsiusbau

www. skd.museum

Text: Philipp Demankowski

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