Filmkritik „The Rider“: Raue Poesie

Foto: © Joshua James Richards / Weltkino Filmverleih
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Der Film „The Rider“ zeigt auf eindringliche Weise, wie schwer es ist, einen Lebenstraum aufzugeben.

Für die atemberaubende Wildnis South Dakotas, in der der Film „The Rider“ spielt, findet Regisseurin Chloé Zhao wunderschöne Bilder. Die schroffen Felsformationen der Badlands und die unheilschwangeren Wetterboten werden in Panoramabildern eingefangen, an denen man sich nicht satt sehen kann. Fast noch schöner sind aber die Szenen, in denen Titelheld Brady Blackburn Wildpferde trainiert. Mit Geduld und Einfühlungsvermögen interagiert er mit den Tieren, die ihm so viel bedeuten. Es sind Einstellungen, die mit einem bekannten Hollywood-Schauspieler unmöglich zu drehen gewesen wären. Der Film gewinnt nicht nur an Authentizität, sondern auch an Emphase, durch die Tatsache, dass die Hauptdarsteller dem Rodeo auch im wirklichen Leben verbunden sind. Der junge Cowboy Brady Blackburn wird eindrucksvoll gespielt von Brady Jandreau, der hier sein Schau spieldebüt gibt.

Ungeschönt und herzergreifend

Regisseurin Chloé Zhao traf Brady Jandreau im Pine Ridge Reservat, während sie ihren Debütfilm „Songs My Brothers Taught Me“ drehte. Die beiden wurden schnell Freunde. Nachdem ihm ein Pferd beim Rodeo auf den Kopf getreten und seinen Schädel zertrümmert hatte, beschloss Zhao, einen Film über seine Geschichte zu drehen. Daraus wurde „The Rider“, eine herzzerreißende und doch hoffnungsvolle Interpretation darüber, sein Schicksal in die eigene Hand zu nehmen, auch wenn das bedeutet, einen Lebenstraum aufzugeben. Gleichzeitig wirft der Film einen ungeschönten Blick auf das Leben in South Dakota. Amerikanische Lebenswirklichkeiten werden gezeigt, die von Hollywood oft ignoriert werden.

Foto: © Joshua James Richards / Weltkino Filmverleih

Ständige Gefahr

Es ist ein raues Leben, das von Solidarität, Freundschaft und Glauben geprägt wird. Romantik findet so gut wie gar nicht statt und trotzdem lässt sich in „The Rider“ viel Poesie finden. Rodeoreiten mag archaisch anmuten, für die jungen Cowboys im Film ist es aber oftmals das einzig erstrebenswerte Ziel. Eine Sportart, die stets gefährlich ist, wie Brady Blackburn am eigenen Leib erfahren musste. Das Risiko wird ihm zusätzlich vor Augen geführt von seinem besten Freund Lane Scott, einem ehemaligen Rodeo-Star im wahren Leben wie im Film, der jetzt gelähmt ist. Scott ist zwar bei einem Autounfall verletzt worden, dient Blackburn aber als Mahnung dafür, was passieren könnte, wenn er den Rat der Ärzte ignoriert und weiterreitet. Das Verhältnis zwischen den beiden Freunden ist genauso herzergreifend wie Bradys Beziehung zu seiner Schwester Lily, die am Asperger-Syndrom leidet. Auch sie ist die wirkliche Schwester Brady Jandreau. Chloé Zhao ist ein berührender Film gelungen, der Realitäten zeigt, die man sonst selten sieht und der zurecht mit dem Art Cinema Award sowie mit dem Werner Herzog Filmpreis prämiert wurde.

The Rider

Regie: Chloé Zhao
Kinostart: 21. Juni 2018

Text: Philipp Demankowski

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