Ein Kater kommt selten allein: DIE AFFÄRE RUE DE LURCINE im Schauspielhaus Dresden

v.l: Torsten Ranft (Lenglumé), Lukas Rüppel (Justin), Thomas Eisen (Potard) und Ursula Hobmair (Norine), Foto: Sebastian Hoppe
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Bei der Komödie Die Affäre Rue de Lourcine von Eugène Labiche im Schauspielhaus Dresden hat die Ausschweifung Methode.

Eine durchzechte Nacht später und alles ist anders. Das jedenfalls der Eindruck von Lenglume, der mit Kater und temporärem Gedächtnisverlust klarkommen muss. Zudem liegt plötzlich der vormals unbekannte Mistingue neben ihm im Bett. Allerhand seltsame Indizien wie Kohlenstücke in den Hosentaschen und ein Frauenschuh ohne Besitzerin verwirren zusätzlich. Als dann durch ein Missverständnis auch noch der drängende Verdacht aufkommt, das ungleiche Paar habe einen Mord begangen, nimmt das Unheil seinen Lauf. Regisseur Michael Talke inszeniert die Komödie Die Affäre Rue de Lourcine hart an der Grenze zur Albernheit, beschert seinem Publikum aber in jedem Fall einen vergnüglichen Theater besuch, der durchaus nachwirkt. Was trauen wir uns selber eigentlich alles für Machenschaften zu?

Starkes Ensemble

Ein Ereignis ist „Die Affäre“ vor allem wegen der Leistung der Schauspieler. Es gibt keine Ausfälle in dem Sechs-Personen-Stück. Die stärksten Momente entstehen tatsächlich, wenn möglichst viele Akteure möglichst viel Dialog in möglichst kurzer Zeit sprechen. Chaos tut dem Stück gut und sorgt auch für die nachhaltigsten Lacher. Torsten Ranft spielt den Lenglume mit einer Trotteligkeit, die man ihm nicht übelnimmt. Die Anleihen an Louis de Funès müssen Absicht sein. Den cholerisch-verschrobenen Gestus des französischen Schauspielers beherrscht Torsten Ranft jedenfalls ohne weiteres Zutun. Perfekt dazu passt Ursula Hobmairs „Norine“, die herrlich übertrieben spielt und auch schon wegen der Frisur an de Funès‘ Stammpartnerin Claude Gensac gemahnt. Im Ausmaß der schauspielerischen Ausschweifung wird sie nur von Lukas Rüppel übertroffen, der den Diener Justin gibt und dabei regelmäßig die vierte Wand zum Publikum bricht. David Kosel hingegen spielt den Mistingue ohne große Schnörkel, aber mit handwerklicher Brillanz.

Zitieren erlaubt

Überhaupt wird viel zitiert. Nicht nur bei real existierenden Personen wie Tom Waits bei einem Solo von Thomas Eisen, der Lenglumés Vetter Potard spielt. Elemente vergangener Schauspieltraditionen scheinen durch. Slapstick hier, Vaudeville da. Auch sind die Figuren immer mal wieder in einer Schleife gefangen, wiederholen ihre Parts ohne erkennbaren Grund, aber mit umso mehr Wirkung beim Publikum. Das Bühnenbild ist zunächst schlicht, lässt mitunter leicht surrealistische Anreihen erkennen. Erst wenn sich die Bühne in die Tiefe öffnet und das Kohlenmädchen (Claudia Korneev) bedeutungsschwanger und mit viel Hall auf der Stimme Gleichnisse rezitiert, entsteht eine leicht mystische Erhabenheit. Das sind dann Abschnitte, die für das absurde Geschehen auf
der Bühne wie eine Zäsur wirken.

Die Affäre Rue de Lourcine

nächste Termine: 20. / 25. / 31. Dezember 2017,
20. Januar / 11. Februar 2018
Schauspielhaus Dresden
www.staatsschauspiel-dresden.de

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