Gerhard Richter: Zurück zur Farbigkeit

Gerhard Richter, Abstraktes Bild (947-8), 2016, Öl auf Leinwand, 50 x 60 cm, © Gerhard Richter 2016 (221116)

Ab 20. Mai sind im Albertinum neue Bilder von Gerhard Richter zu sehen. Top Magazin sprach dazu mit Dr. Dietmar Elger, Leiter des Gerhard-Richter-Archivs in Dresden. 

Wenn Gerhard Richter neue Bilder vorlegt, hält die Kunst­welt den Atem an. Nachdem die insgesamt 26 neuen Werke zunächst im Kölner Ludwig-Museum debütierten, sind die Bilder ab 20. Mai im Albertinum zu sehen. Verantwortlich für die Ausrichtung der Ausstellung ist das Gerhard-Richter-Archiv. Top Magazin sprach mit Archivleiter Dr. Dietmar Elger über die neuen Werke, bei denen Richter erstmals seit langer Zeit wieder mit Öl auf Leinwänden arbeitete. Der Kunsthisto­riker gilt als ausgewiesener Kenner des Werks von Gerhard Richter. Er assistierte in den Achtziger Jahren im Atelier des Künstlers und erarbeitete sein erstes Werkverzeichnis. Seit 2006 leitet er das Gerhard-Richter-Archiv in Dresden, das ein Jahr zuvor neu gegründet wurde.

Dr. Dietmar Elger, Leiter des Gerhard-Richter-Archivs der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden, © Staatliche Kunstsammlungen Dresden, Foto: Jürgen Lösel

Top: Wie sind die neuen Werke in Richters Gesamtwerk einzuordnen?

Dr. Dietmar Elger: Nach einer längeren Pause von fünf Jahren hat Gerhard Richter bei den neuen Bildern, die Ende 2015 und 2016 entstanden sind, wieder klassisch mit Öl auf Leinwand gemalt. Allerdings bringen sie durchaus neue Qualitäten als frühere abstrakte Bilder mit sich. Der Unterschied ist absolut sichtbar. Im Wesentlichen ist dies die Farbigkeit der Bilder. Er arbeitet mit Farben, die zueinander in Kontrast stehen. Im Gegensatz zu früheren Werken gibt es keine Farbe, die dominiert. Dabei hat er bei der Herstellung ein zusätzliches handwerkliches Element eingeführt, indem er die Farbe mit einem Messer wieder abgekratzt hat. Dabei geht er in Schwüngen vor und nicht wie in einer früheren Phase um 1990 in statischen Bewegungen von oben nach unten. Dadurch entsteht eine ganz neue Dynamik in den Bildern. Die Bandbreite seiner Bilder hat sich noch einmal stark erweitert.

Top: Ist das starke Interesse für Farbigkeit neu im Werk Richters? Oder liegt der Unterschied vor allem in der Her­stellung begründet?

Dr. Dietmar Elger: Auch bei den „Streifenbildern“ und den „Hinterglasbildern“, die sein Schaffen in den letzten Jahren bestimmt haben, hat er sich ja für Farbigkeit interessiert. Der Unterschied liegt im Herstellungsprozess. Bei den „Streifen­bildern“ wurden Arbeitsschritte an den Computer ausgelagert, während die „Hinterglasbildern“ sehr spontan entstehen. Da­bei wird die Glasscheibe in die Farben getaucht, wodurch sofort ein Ergebnis entsteht, das kaum verändert werden kann. Für Gerhard Richter war es aber nun wichtig, diese Pro­zesse nach einer relativ langen Zeit auch einmal abschließen zu können, um zu seinem Hauptsujet, der Malerei zurück­zukehren.

Top: Welche Bedeutung hat die Ausstellung für Dresden?

Dr. Dietmar Elger: Die Ausstellung in Dresden ist explizit auf den Wunsch von Gerhard Richter hin zustande gekommen. Er hat ja schon vorher neue Bilder gern in Dresden präsentiert, etwa die „Birkenau-Bilder“, die medial ein großes Echo erfahren haben. Darüber freuen wir uns natürlich. Wobei eine Schau in Dresden nachvollziehbar ist, ist die Stadt doch der Mu­seums-Standort, wo man das Werk Gerhard Richters am umfänglichsten sehen kann. Mit der Arbeit unseres Archivs wollen wir natürlich zur Attraktivität der Ausstellung beitragen, indem wir neben Führungen auch Vorträge zum Thema anbieten.

Gerhard Richter – Neue Bilder
Ausstellung vom 20. Mai bis 27. August 2017
im Albertinum
www.skd.museum

Das Interview führte Philipp Demankowski

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