Macht und Mode

Landschaftskleid des Kurfürsten Johann Georg I. von Sachsen (1585–1656), 1611, Oberstoffe und Stickgarne: italienische Schneiderarbeit: Dresden, Kurfürstliche Schneiderei, Stickerei: Hans Erich Friese, Dresden, Posamentierarbeit: vermutlich sächsische Teile: Mantel, Wams, Hose, Hut, Gürtel und Wehrgehänge, Seide, Silber, Gold, Leder, Rüstkammer, © SKD, Foto: Jürgen Karpinski
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Gleich zwei neue Dauerausstellungen im Residenzflügel des Dresdner Residenzschlosses setzen sich mit Machtstreben und Modevorlieben sächsischer Landesfürsten auseinander.

Nun ist er komplett: Nachdem im letzten Jahr die neue Dauer­ausstellung der Rüstkammer „Weitsicht des Wis­sens“ die Renaissance des Residenzflügels einleitete, wird die Neukonzep­tio­nierung ab 9. April abgeschlossen. Dann nämlich zeigen sich die beiden jungfräulichen Dauer­aus­stel­lungen „Auf dem Weg zur Kurfürstenmacht“ und „Kur­fürstliche Garderobe“ zum ers­ten Mal dem interessierten Publikum. Damit kommt das Mam­mut­projekt der Sanierung des Residenzschlosses, das seit der Wiedervereinigung mit wachsendem Eifer betrieben wird, ein gutes Stück voran. Wunderschöne originale Renais­sance­be­stände, die vom Dresd­ner Architekten Peter Kulka in einer historisch nachvollziehbaren, aber doch modern gestalteten Aus­stellungs­architektur in Szene gesetzt werden, verdeutlichen die Wechselwirkungen zwischen politischen, wirtschaftlichen und kulturhistorischen Kräften, offenbaren dabei aber auch die eine oder andere skurrile Geschichte.

Punkvolle Machtmittel

Wie der Titel „Auf dem Weg zur Kurfürstenmacht“ schon erahnen lässt, stehen bei dieser Schau vor allem die Wege im Mittelpunkt, die für die Wettiner nötig waren, um zu höchsten politischen Weihen zu kommen. Mit Prunk­waffen, Textilien und Fürsten­bildnissen wird eine Chronologie verdeutlicht, die von der Erlangung der sächsischen Kurwürde durch Friedrich den Streitbaren (1370–1428) bis hin zur brüderlichen Nachfolge Herzog Augusts von Sachsen (1526–1586) in der kurfürstlichen Regierung 1553 reicht. Betont wird dabei besonders die herausragende Rolle Kurfürst Augusts bei der Durch­setzung der Reformation, der Sicherung des Reichs­friedens und der wirtschaftlichen Entwicklung Sachsens. Nicht umsonst bildet die Neueröffnung der Ausstellung den Hauptbeitrag der Staatlichen Kunst­sammlungen Dresden zum diesjährigen Reformations­jubiläum.

Barockes Textilvergnügen

Eine andere Geschichte erzählt dagegen die Schau „Kurfürst­liche Garderobe“. Die Ausstellungsmacher entführen mit originalen Fürstengewändern in die Welt der Mode in Renais­sance- und Frühbarockzeiten. Die insgesamt 27 drapierten Herrscher­kostüme sind ein erstaunlich gut erhaltenes Doku­ment der Herrscherinszenie­rung. Damit wird eine Authen­tizität der Historie ermöglicht, die durch reine Abbildungen etwa auf Herrscher­portraits nie erreicht werden kann. In vier Räumen entfaltet sich eine sinnliche Pracht mit reichen Stoffen, Stickereien, Spitzen und Posamenten von Gold, Silber und Seide. Nachdem die Gewänder 1939 evakuiert wurden, sind sie nun nach über 75 Jahren das erste Mal wieder zu sehen. Zuvor haben sowohl die 23 Herrenkostüme als auch die vier Damen­kleider einen ausgiebigen Konser­vie­rungs- und Restau­rierungs­prozess durchlaufen. Die Ausstel­lung offenbart damit einen Blick in die Textilgeschichte der Renaissance und des Frühbarocks, der in der europäischen Mu­seumslandschaft einzigartig ist.

Text: Philipp Demankowski

Neue Dauerausstellungen der Rüstkammer
ab 9. April 2017 im Residenzflügel des Residenzschlosses Dresden
„Auf dem Weg zur Kurfürstenmacht“ (Ostflügel und Ecksaal, 1. OG)
„Kurfürstliche Garderobe“(Nordflügel bis Schlosskapelle, 1. OG)

www.skd.museum

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