Filmkritik „Wo in Paris die Sonne aufgeht“: Suche nach Liebe

© Neue Visionen Filmverleih
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Im Schwarz-Weiß-Film „Wo in Paris die Sonne aufgeht” zeichnet der französische Arthouse-Regie-Veteran Jacques Audiard ein Liebesviereck vor urbaner Kulisse.

Die Suche nach der Liebe in der Großstadt ist eines der meistgenutzten Motive der Filmgeschichte. Mit seinem neuen Film „Wo in Paris die Sonne aufgeht“ fügt der französische Arthouse-Regie-Veteran Jacques Audiard eine sehenswerte Variante hinzu. Im Fokus stehen vier Figuren, de­ren Wege sich zwangsläufig kreuzen. Zunächst steht die Call­center-Agentin Émilie (Lucie Zhang) im Mittelpunkt, die im char­manten Li­te­ra­turdoktoranden Ca­mille (Makita Samba) mehr als nur einen neuen Mitbewohner findet. Hinzu stoßen die Immobilien­mak­le­rin Nora (Noémie Mer­lant) und das Camgirl Amber Sweet (Jehnny Beth), die sich durch eine verhängnisvolle Ver­wechs­-lung kennenlernen. Ein Problem des Films ist es, dass sich keine stimmige Chemie zwischen den vier Hauptdarstel­le­rinnen einstellt. Die Irrungen und Wirrungen werden zwar mit viel Sex ge­würzt, doch die Nach­vollziehbarkeit der Beziehungen bleibt etwas auf der Strecke. Dafür gelingt es dem Film, einen erstaunlich unverkrampften Umgang mit Sexualität auf die Lein­wand zu bannen, der sich zudem ziemlich gegenwärtig anfühlt.

Foto: © Neue Visionen Filmverleih
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Mächtige Hochhauslandschaften
Warum sich die Marketingabteilung dazu entschlossen hat, den Originaltitel „Les Olympiades“ mit dem unvergleichlich nichtssagenden deutschen Titel „Wo in Paris die Sonne aufgeht“ zu ersetzen, wird wohl auf ewig ihr Geheimnis bleiben. Machen doch gerade die mächtigen Hochhauslandschaften des Pariser Stadtviertels, das dem Film seinen Originaltitel gibt, den Groß­teil seines Charmes aus. Die Entscheidung von Jacques Au­diard, den Film in Schwarz-Weiß zu drehen, dürfte dabei durchaus mit dem Setting zu tun haben. Schließlich kommen die über hundert Meter hohen Hochhäuser aus Les Olympiades in dem kontrastreichen, monochromen Farb­schema besonders gut zur Geltung. Und tatsächlich ist der Film auch ein stimmiges Por­trait des Quartierlebens in diesem Teil von Paris, der auch als das größte Chinatown von Europa bekannt ist. Trotzdem ist „Wo in Paris die Sonne aufgeht“, der auf den Kurzge­schich­ten­sammlungen und Graphic Novels des New Yorker Cartoonisten Adrian Tomine basiert, im Grunde ein Liebesfilm, im Vergleich zu den sonstigen Werken von Jacques Audiard sogar ein luftig-leichter, fällt er doch am En­de überraschend konventionell aus.

Foto: © Neue Visionen Filmverleih

Wo in Paris die Sonne aufgeht
Regie: Jacques Audiard
Filmstart: 7. April 2022

Redaktion: Philipp Demankowski

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