Filmkritik „Der Spion“: Eine eiserne Freundschaft

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Das Agenten-Biopic Der Spion erzählt von einer ungewöhnlichen Freundschaft in einem explosiven Umfeld.

Es ist tatsächlich eine Geschichte, die es zu erzählen lohnt. Vor dem Hintergrund eines drohenden nuklearen Fallouts, eines unberechenbaren Nikita Chruschtschows und der schwelenden Kubakrise entschließt sich der sowjetische Offizier Oleg Penkovsky (Merab Ninidze) 1960 dazu, Kontakt zu den westlichen Geheimdiensten aufzunehmen, um Dokumente zu überreichen, die eine Atomkatastrophe verhindern könnten. Zur un verdächtigen Übergabe der Dokumente wenden sich CIAAgen tin Emily Donovan (Rachel Brosnahan) und Dickie Franks (Angus Wright) vom MI6 an den britischen Geschäftsmann Greville Wynne, der viel im osteuropäischen Ausland arbeitet. Nach der ersten Kontaktaufnahme entwickelt sich bald eine tiefe Freundschaft zwischen den beiden ungleichen Männern. Eine Freundschaft, die natürlich bald auf eine harte Probe gestellt wird. „Der Spion“ erzählt diese wahre Geschichte faktengetreu nach und schafft damit achtbares Spionagekino.

Das Ehepaar Wynne (Benedict Cumberbatch und Jessie Buckley), Foto: Nick Wall / Telepool
Lippenlesen inklusive

Regisseur Dominic Cooke scheut wie bei seiner Literaturadaption „Am Strand“ allerdings das Risiko. „Der Spion“ verharrt in seiner durch und durch englischen Bildsprache, die manche bieder, andere souverän nennen werden. Inszenatorisch werden aber keine großen Hürden übersprungen. Und auch inhaltlich brauchen sich Kenner von Spionagethrillern nicht vor Überraschungen ängstigen. Brav werden die Agenten- Standards in der Montage abgefrühstückt. Da begibt man sich auf Wanzensuche, hält Aus schau nach Lippenlesern und fotografiert Dokumente mit Mikrokameras. Leider bekommt so eine Situation nie den nötigen Raum, um wirklich Spannung zu entwickeln. Nebenschauplätze wie das Kompetenzgerangel zwischen MI6 und CIA, die mal an einem Strang ziehen, mal gegeneinander arbeiten, bleiben eher Dekoration als dass die Konflikte wirklich ausgearbeitet werden.

CIA-Agentin Emily Donovan (Rachel Brosnahan) und Greville Wynne (Benedict Cumberbatch), Foto: Nick Wall / Telepool
Gut aufgelegte Darstellerriege

Der Film lohnt sich in erster Linie wegen der Darstellerriege. Benedict Cumberbatch kann wahrscheinlich keinen schlechten Job machen, auch wenn ihm wohl Kritiker wieder Overacting vorwerfen werden. Sein Greville Wynne macht vor allem am Anfang Spaß, wenn das Agentengeschäft dem Geschäftsmann noch nicht den Humor ausgetrieben hat. Rachel Brosnahan, die in der gleichnamigen Serie als „The Marvelous Mrs. Maisel“ die Welt verzaubert, wirkt mit ihrer positiven Aura im tristen Agentenalltag fast wie ein Fremdkörper. Den größten Eindruck machen Jessie Buckley als Wynnes Ehefrau Sheila und Merab Ninidze. Beide spielen ihre Parts unaufgeregt und zurückgenommen, so dass die wenigen emotionalen Ausbrüche umso tiefere Gräben aufreißen.

Der Spion

Regie: Dominic Cooke
Filmstart: 3. Juni 2021

Text: Philipp Demankowski

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