Die Natur macht’s vor

Dresdner Festspielorchester, Bild: Sonia Werner
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Die 43. Dresdner Musikfestspiele vom 12. Mai bis 12. Juni setzen 2020 auf die Inspirationskraft der Natur. Das Programm fällt dabei gewohnt vielfältig aus.

Die Natur ist in aller Munde. Die einen wollen sie in Schutz nehmen, die anderen wollen in ihr Kraft tanken. Langsam setzt sich tatsächlich flächendeckend ein Bewusstsein dafür durch, dass die Natur nicht radikal ausgebeutet werden sollte, auch wenn der Denkprozess bei noch zu vielen Mitmenschen offenbar immer noch nicht abgeschlossen ist. Einigkeit herrscht aber größtenteils darüber, dass sich die Natur in all ihren Facetten als Inspirationsquelle für neue Ideen eignet. Das machen sich nicht nur Technik und Wissenschaft zunutze – immerhin gibt es mit der Bionik sogar ein Fachgebiet, das sich explizit dem Übertragen von Phänomenen der Natur auf die Technik verschrieben hat. Auch Künstlerinnen und Künstler lassen sich beim Anblick ursprünglicher Landschaften gerne von der Muse küssen. Man denke an Goethe und seinen „Osterspaziergang“, der beim Anblick der vom Eise befreiten Ströme und Bäche Hoffnungsglück verspürt. Und die Landschaftsmalerei gilt neben Portrait und Stillleben als Kerngattung der gegenständlichen Malerei, egal ob die Naturszenarien auf antiken Fresken oder flämischen Leinwänden verewigt sind.

Facettenreichtum als Aushängschild

Auf die Betonung der symbiotischen Beziehung zwischen Kunst und Natur will auch die neuerliche Ausgabe der Musik fest spiele aufmerksam machen. Der 43. Jahrgang des größten Dresdner Musikfestivals hat das Motto „Inspiration Natur“ ausgegeben. Bemerkbar macht sich das auserkorene Credo vor allem im Facettenreichtum des gut einmonatigen Programms, spätestens seit Intendant Jan Vogler 2009 die Zügel in die Hand genommen hat, ohnehin eine der Stärken der Musikfestspiele. Ursprünglich 1978 als reines Klassik-Event gestartet, streckt das Festival in den jüngsten Ausgaben seine Fühler auch gerne in Richtung anderer Musikgenres. Jazz, Rock- oder elektronische Musik im weitesten Sinne sind längst keine Fremdkörper im Programm. Ein nachvollziehbarer Schritt, um auch Zuschauer zu erreichen, die mit klassischer Musik sonst nicht so viel am Hut haben. Konzerte mit Weltstars wie Eric Clapton im letzten oder Jamie Cullum und Sting in diesem Jahr funktionieren deshalb auch als Einstieg für eine tiefgreifendere Beschäftigung mit dem Programmportfolio der Musikfestspiele.

Jan Vogler, Bild: Marco Grob
Das komplette Beethoven-Paket

Denn Kernthema ist und bleibt natürlich die klassische Musik, die in möglichst vielen Spielarten bei den mehr als 60 Konzerten in 28 Spielstätten vorkommt. Ein absehbarer Schwerpunkt liegt im Jubiläumsjahr auf dem Werk von Ludwig van Beethoven, dessen 250. Geburtstag 2020 in vielen deutschsprachigen Klassikhochburgen gefeiert wird. Im Rahmen des von den Vereinten Nationen initiierten „Beethoven Pastoral Projects“ widmet sich am 5. Juni auch das Dresdner Festspielorchester dem Jahresjubilar. Unter der Leitung von Chefdirigent Ivor Bolton spüren die Musiker dabei auf historischem Instrumentarium dem Original klang von Beethovens 5. und 6. Sinfonie nach, bevor René Jacobs mit Brahms „Ein deutsches Requiem“ in der zweiten Arbeitsphase des Orchesters sein Debüt am Pult des Klangkörpers gibt. Zudem widmen sich sechs junge Ensembles aus sechs verschiedenen Ländern im sogenannten Beehoven-Zyklus in sechs Konzerten dem gesamten Streichquartett schaffen Ludwig van Beethovens. Im Palais im Großen Garten können Fans des herausragenden Komponisten den kompletten Aufführungszyklus erleben.

Orchesterschwergewicht im Programm

Beim großen Eröffnungskonzert im Kulturpalast profitieren die Musikfestspiele einmal mehr von den guten Beziehungen ihres Intendanten und Star-Cellisten Jan Vogler. Als Solist spielte er bereits mehrfach zusammen mit den New Yorker Philharmonikern, ob in deren Heimat oder auch bei der Wiedereröffnung der Dresdner Frauenkirche. Mit ihrem neuen Chefdirigenten, dem Niederländer Jaap van Zweden, werden die New Yorker nun erstmals im akustisch brillanten Konzertsaal des Kulturpalastes zu hören sein. Ein weiteres Orchester-Schwergewicht ist das BBC Symphony Orchestra unter der Leitung von Sakari Oramo, das sich gemeinsam mit Jan Vogler unter anderem ebenfalls Beethoven und dessen 7. annimmt.

Jamie Cullum, Bild: Danny North
Von Jazz bis Folk

Das renommierte israelische Avishai Cohen Trio wiederum macht auf einer Welttournee durch 50 Länder für das einzige Deutschland-Konzert in Dresden Halt, während die Geigerin Patricia Kopatchinskaja und ihr Orchester des Wandels im Festspielhaus Hellerau mit einem inszenierten Konzert ein Zeichen für den Umweltschutz setzen. Die Folk Music Group des National Gugak Center in Seoul bringt traditionelle Musik aus Korea in die Semperoper und mit einem Konzert der St. Petersburger Philharmoniker unter Yuri Temirkanov und dem Geiger Emmanuel Tjeknavorian feiern die Musikfestspiele die Städtepartnerschaft zwischen Dresden und St. Petersburg. Die Künstlergruppe „Bohème 2020“ wiederum steuert mit einem Best-of aus sechs inspirierenden Jahrgängen auf das Projektfinale zu, während bei den beliebten Open-Air-Veranstaltungen „Klingende Stadt“ und „Dresden singt & musiziert“ wieder alle musikbegeisterten Dresdner dazu eingeladen sind, die Freu de am gemeinsamen Musizieren zu teilen.

43. Dresdner Musikfestspiele
12. Mai bis 12. Juni 2020 (Änderungen wegen der Corona-Krise wahrscheinlich)

www.musikfestspiele.com

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