Tipp Rechtsberatung: Familien- und Erbrecht

Rechtsanwalt David Oertel ist Fachanwalt für Familienrecht sowie Spezialist für Erbrecht und seit 18 Jahren auf diesen Gebieten tätig. Seit 2015 ist er Partner der renommierten Anwaltskanzlei Meyer-Götz, Oertel & Kollegen. Er ist verheiratet und Vater zweier Kinder. Foto: Claudia Jacquemin
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Rechtsanwalt David Oertel ist Fachanwalt für Familienrecht sowie Spezialist für Erbrecht und seit 18 Jahren auf diesen Gebieten tätig. Seit 2015 ist er Partner der renommierten Dresdner Anwaltskanzlei Meyer-Götz, Oertel & Kollegen, die ihren Sitz in der Königstraße 5a hat.

An welcher Universität haben Sie studiert, und wie verlief Ihr beruflicher Werdegang?

Ich habe nach dem Abitur und der damals noch bestehenden Wehrpflicht, die mich nach Bayern führte, an der Universität in Dresden studiert und hier in Sachsen das erste und zweite Staatsexamen absolviert. Da ich mich in der Elbmetropole sehr wohl fühlte und hier auch meine Frau kennen lernte, habe ich dann im Anschluss an das Referendariat im Jahre 2000 das Angebot einer mittelständischen Dresdner Anwaltskanzlei angenommen und dort nach kurzer Zeit die Referate Familienrecht und Erbrecht leitend übernommen. Nach dem Zusammenschluss mit einer anderen Kanzlei im Jahre 2003 wurde ich dort zunächst Partner, bis ich mich schließlich im Jahre 2015 der ausschließlich im Familien- und Erbrecht tätigen Kanzlei Meyer-Götz & Meyer-Götz angeschlossen habe, die seitdem unter dem Namen Meyer-Götz, Oertel & Kollegen firmiert.

Was waren Gründe, sich besonders auf Familien- und Erbrecht zu spezialisieren?

Ich hatte das Glück, dass ich bereits während der anwaltlichen Ausbildungsstation im Referendariat in einer Kanzlei arbeitete, die sich mit diesen abwechslungsreichen Rechtsgebieten befasste. Obwohl das Familien- und Erbrecht gerade im Studium relativ kurz kommen, habe ich dann schnell ein verstärktes Interesse entwickelt. Besonders der im Gegensatz zu anderen Rechtsgebieten sehr vertrauensvolle und persönliche Kontakt zu den Mandanten war und ist mir wichtig und insbesondere das Gefühl, hier als Anwalt noch „echte persönliche Hilfe“ leisten zu können. Im besten Fall gelingt es in unserer Tätigkeit Familien zusammenzuhalten oder aber bei Trennungen vor wirtschaftlichen Nachteilen zu schützen. Gerade bei der erbrechtlichen Gestaltung, wenn beispielsweise durch geschickte Testamentsgestaltungen Familienunternehmen vor dem Zerfall bewahrt werden, ist es nicht nur spannend, sondern auch persönlich befriedigend, Lösungen zu erarbeiten, die dazu führen, dass nach einem Erbfall die Familien eben nicht im Streit auseinanderbrechen. Heute, nach vielen Jahren, in denen ich in diesen Bereichen tätig bin, faszinieren mich auch die Auswirkungen von gesellschaftlichen und politischen Änderungen in unserer Gesellschaft, die sich im Familienrecht (man denke nur an die aktuellen Diskussionen rund um das Wechselmodell) zeigen, wie in kaum einem anderen Rechtsgebiet.

Wie setzt sich eigentlich Ihr Mandantenkreis zusammen und mit welchen Rechts- und Streitfragen beschäftigen Sie sich vorwiegend?

Wir vertreten in unserer Kanzlei grundsätzlich Mandanten aus den verschiedensten Bereichen. Wenn es um vermögensrechtliche oder größere erbrechtliche Regelungen geht, sind dies Themen, bei denen wir vor allem für mittelständische oder größere Unternehmer tätig werden, denen es um den Erhalt ihrer Firmen zur Absicherung und zum Schutz ihrer Familien geht. Dagegen finden sie familienrechtliche Probleme und Streitigkeiten, seien es umgangs- oder sorgerechtliche Fragen oder die Berechnung von Unterhaltsansprüchen quer durch alle Berufs- und Gesellschaftsgruppen. Grundsätzlich sind wir mit unserer Kanzlei bundesweit tätig und aufgrund unserer Spezialisierung vor allem prädestiniert für komplexe Themen, wie beispielsweise Zugewinnauseinandersetzungen bei vorhandenem Immobilien- oder Firmen vermögen.

Wie gestaltet sich denn in solchen Fällen die Vermögensübertragung? Es heißt ja oft: „Lieber verschenken als vererben“. Wer Kindern, Enkeln oder Verwandten Erbschaftssteuer ersparen will, kann zu Lebzeiten sein Vermögen übergeben. Für welche verwandtschaftlichen Beziehungen trifft das zu und was empfehlen Sie?

Grundsätzlich ist es so, dass nicht nur für Erbschaften, sondern auch für Schenkungen Steuer anfällt. Zwar wird in der Regel nur von der Erbschaftssteuer gesprochen, das dazugehörige Gesetz definiert sich aber tatsächlich als Erbschaftssteuer- und Schenkungssteuergesetz. In § 1 dieses Gesetzes heißt es daher auch ganz klar, dass der Erbschaftssteuer (Schenkungssteuer) nicht nur der Erwerb von Todes wegen unterliegt, sondern eben auch gerade die Schenkung oder Zuwendung unter Lebenden. Gleichwohl ist es natürlich richtig, dass Zuwendungen zu Lebzeiten Steuerlasten ganz erheblich minimieren können. Dabei ist zunächst einmal zu beachten, dass die Steuerfreibeträge, das sind die Beträge, bis zu deren Höhe ein Erwerb steuerfrei ist, für Erbschaften und Schenkungen grundsätzlich gleich hoch sind. Während man allerdings bei der Erbschaft diesen Steuerfreibetrag nur einmal, nämlich beim Anfall des Erbes, geltend machen kann, kann man ihn bei Schenkungen aller zehn Jahre wieder neu in Anspruch nehmen. Genau dies ist der Vorteil, den ich daraus ziehen kann und der grundsätzlich bei jeder Zuwendung, unabhängig vom Verwandtschaftsgrad, möglich ist. Unterschiedlich ist allerdings die Höhe der Steuerfreibeträge. Die sich hieraus ergebenden Möglichkeiten sollte man, natürlich individuell abgestimmt, nutzen.

Können Sie dies an einem Beispiel verdeutlichen?

Natürlich. Stellen Sie sich beispielsweise vor, der Ehegatte verfügt über eine Immobilie im Wert von 1 Mio. €. Wenn er dann kinderlos verstirbt und seine Ehefrau Alleinerbe ist, steht dieser lediglich ein Freibetrag von 500.000,00 € zu. Dementsprechend müsste sie die darüber hinausgehenden weiteren 500.000,00 € nach § 19 Erbschaftssteuergesetz (ErbStG) mit 15 % versteuern. In diesem Fall wären von der Ehefrau 75.000,00 € an das Finanzamt als Erbschaftssteuer abzuführen. Wenn in solchen Fällen dann kein größeres Barvermögen zusätzlich vorhanden ist, können allein solche Konstellationen dazu führen, dass das Erbe, hier die Immobilie, verwertet werden muss, nur um die Steuerlast zu bedienen. Wenn der Mann nun stattdessen mehr als 10 Jahre vor seinem Versterben bereits den hälftigen Eigentumsanteil an der Immobilie an seine Ehefrau überträgt, bleibt diese erste Übertragung mit dem Wert von 500.000,00 € steuerfrei. Im späteren Erbfall würde die Ehefrau dann nur noch den weiteren Eigentumsanteil erhalten, der, da er dann ebenfalls unterhalb des Steuerfreibetrages liegt, ebenfalls steuerfrei übernommen werden könnte. Die steuerliche Ersparnis läge also bei 75.000,00 €. Natürlich ist dies jetzt nur ein grober Beispielsfall, in dem Sonderkonstellationen, wie weitere Freibeträge oder Regelungen zum Familienheim, nicht berücksichtigt wurden.

Wie hoch sind denn die Freibeträge für derartige Übertragungen?

Grundsätzlich sind die Freibeträge im Erbschaftssteuergesetz geregelt. Es gibt hier verschiedenste Konstellationen und noch speziellere Regelungen. Die Regelfreibeträge in § 16 ErbStG sagen jedoch, dass den Ehegatten und Lebenspartnern Freibeträge in Höhe von 500.000,00 € verbleiben, Kindern 400.000,00 € und Enkelkindern 200.000,00 €. Geschwister, Stiefeltern oder sonstige Personen haben allerdings nur einen Steuerfreibetrag von 20.000,00 €.

Gibt es neben den steuerlichen Aspekten noch andere Vorteile oder Nachteile bei Schenkungen zu Lebzeiten im
Vergleich zu geregelten Erbschaften?

Grundsätzlich ist natürlich ein für viele nicht unerheblicher Nachteil bei Zuwendungen zu Lebzeiten, dass man das Eigentum an der verschenkten Sache aufgibt und insoweit rechtlich keinen Zugriff mehr hierauf hat. Naturgemäß fällt es oft schwer, sich zu Lebzeiten von Vermögenswerten zu trennen, die man ja im Zweifel für die Altersvorsorge (z. B. gerade die Immobilie als Altersruhesitz) angedacht hat. Gerade bei Schenkungen an den Ehepartner, aber auch an Kinder, ist ja oftmals auch leider nicht absehbar, dass dauerhaft ein so gutes Verhältnis aufrechterhalten werden kann, damit die Schenkung am Ende nicht erhebliche Nachteile nach sich zieht. Natürlich sind auch wir in unserer Kanzlei immer wieder mit Fällen konfrontiert, wo gerade in Scheidungsverfahren solche Schenkungen oder Zuwendungen nur mit ganz erheblichem Aufwand – wenn überhaupt – wieder rückabgewickelt werden können. Dies sollte einen allerdings nicht grundsätzlich abschrecken. Grundsätzlich können die meisten Probleme bei solchen Schenkungen dadurch umgangen werden, dass die Übertragungen vertraglich sicher gestaltet werden und der Übertragende mit entsprechenden Rechten, seien es Rückübertragungsansprüche für den Fall einer Ehescheidung oder seien es Nießbrauchs- oder Wohnungsrechte bis ans Lebensende bei übertragenen Immobilien an die Kinder, ausgestattet wird.

Vorteilhaft sind lebzeitige Übertragungen beispielsweise auch, wenn es darum geht, bestimmte Verwandte, zu denen kein gutes Verhältnis besteht, von möglichen Erbansprüchen auszuschließen und damit nahe Angehörige vor Zugriffen auf das Erbe zu schützen. Oftmals reichen hier testamentarische Regelungen nicht aus, weil es natürlich für bestimmte Personen gruppen (z. B. Kinder) Pflichtteilsansprüche gibt, die man auch nur in äußerst seltenen Fällen ausschließen kann. Diese Pflichtteilsansprüche richten sich nach dem Wert des Vermögens des Verstorbenen zum Todeszeitpunkt. Habe ich also Vermögen bereits vor meinem Tod schenkungsweise übertragen, kommen diese Werte nur noch dann pflichtteilserhöhend in Ansatz, wenn die Schenkung weniger als zehn Jahre vor dem Tod erfolgt ist. Selbst in letzterem Fall gibt es aber noch Abschmelzungsmöglichkeiten. Im Ergebnis kann also gerade auch in Fällen wo das Eigenheim erhalten werden soll, durch lebzeitige Übertragungen der Zugriff von Dritten erschwert bzw. eingeschränkt werden.

Müssen testamentarische Regelungen oder Schenkungsvereinbarungen vor dem Notar abgeschlossen werden oder reichen hier privatschriftliche Festlegungen?

Grundsätzlich muss man hier zwischen Schenkungen und Testamenten unterscheiden. Schenkungsversprechen bedürfen grundsätzlich der notariellen Form, was in den seltensten Fällen beachtet wird. Dieser Formfehler wird aber geheilt, indem die Schenkung vollzogen wird. Das bedeutet, man braucht natürlich nicht, wenn man seiner Ehefrau beispielsweise die Schenkung eines hochwertigen Kunstgegenstandes verspricht, dies notariell zu beurkunden. Mit der Übergabe ist die Schenkung vollzogen. Bei Immobilien gestaltet sich dies anders. Hier ist der Vollzug ja grundsätzlich nur durch notarielle Übertragung möglich und den sich daran anschließenden Eintrag ins Grundbuch.

Bei Testamenten bzw. letztwilligen Verfügungen ist es dagegen so, dass die notarielle Form nicht zwingend vorgeschrieben ist. Ein handschriftliches Testament, welches vollständig eigenhändig geschrieben ist, ist genauso wirksam und kann beim Nachlassgericht hinterlegt werden. Wir handhaben dies in der Regel so, dass wir mit dem Mandanten in enger Abstimmung ein individuelles Testament entwerfen und dieser es dann in handschriftliche Form umsetzt. Hierfür und für alle anderen Angelegenheiten, die mit erbrechtlichen oder familienrechtlichen Fragen in Zusammenhang stehen, stehen wir in unserer Kanzlei mit sieben spezialisierten Anwälten, die ausschließlich im Familien- und Erbrecht tätig sind, zur Verfügung.

Interview: Helga Übel

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