Filmkritik „Ich bin dein Mensch“: Maschine in Menschengestalt

Foto: © Christine Fenzl/Majestic
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Multitalent Maria Schrader festigt mit der Androidensatire „Ich bin dein Mensch” ihr Standing als Ausnahme-Regisseurin.

Fotos: © Christine Fenzl/Majestic

Es läuft bei Maria Schrader. Gerade noch hat sie die famose Netflix-Miniserie „Unorthodox“ inszeniert und den Men­schen das orthodoxe Judentum erklärt, schon läuft ihre nächste Regiearbeit „Ich bin dein Mensch“ im Berlinale-Wettbewerb und nun auch endlich im Kino an. Es ist schon beeindruckend, mit welcher Leichtigkeit die Hannoveranerin ihre gar nicht mal immer so einfachen Themen auf die Leinwand bringt. Schon ihr zweiter Film, die Stefan-Zweig-Exil-Biografie „Vor der Morgenröte“, profitierte von ihrem Talent, sperrige Inhalte un­ter­haltsam aufzubereiten. Auf dem Papier ist „Ich bin dein Mensch“ nun erstmal der leichteste Stoff. Die Wissen­schaft­le­rin Alma (Maren Eggert) lässt sich dazu überreden, für eine Studie mit dem humanoiden Roboter Tom (Dan Stevens) zu­sammenzuleben, um wiederum die Finanzierung für ihre Forschungsarbeit über sumerische Keilschriften zu sichern.

Foto: © Christine Fenzl/Majestic
Fremdkörper zum Verlieben

Wie immer bei Filmen, die auch eine etwas längere Episode der zukunftskritischen Science-Fiction-Serie Black Mirror sein könn­ten, geht es im Kern um unser Verhältnis zu Technologie. Wann fängt Code an und wann hören Emotionen auf? Was definiert also eigentlich das Menschsein? Kann eine Menschen-Simulation am Ende menschlicher sein als das Original? Wie in ihren anderen Filmen gelingt es Maria Schrader auch diesmal wieder, diese Themen äußerst amüsant zu verhandeln. Dass man sich dafür entschieden hat, mit Dan Stevens einen veritablen Hollywood-Star für die Rolle des Androiden zu engagieren, kann im Falle von „Ich bin dein Mensch“ als gelungenes Experiment verbucht werden. Der Brite spielt Tom als herzergreifenden Fremdkörper, dessen allzu romantische Program­mierung für einige urkomische Situationen sorgt. So wird sein britischer Akzent eben damit erklärt, dass Alma ein Faible für britische Männer hat.

Passende Jahreszeit

Es macht sehr viel Spaß, Maren Eggert, die für ihre Hauptrolle den Silbernen Bären bei der Berlinale abstaubte, dabei zu beobachten, wie sie anfangs mit Tom fremdelt, sich ihm aber später immer mehr annähert. Ein Prozess, der auch durch das seltsame Verhalten einiger ihrer Mitmenschen motiviert wird, die sich nicht gerade als Philanthropen herausstellen. Es ist dem Film allerdings hoch anzurechnen, dass er nicht die naheliegende Abzweigung nimmt und alle menschlichen Inter­aktio­nen verteufelt. In Erinnerung bleibt etwa das herzliche Verhält­nis, das Alma zu ihrem demenzkranken Vater (Wolfgang Hübsch) und zu ihrer Schwester (Annika Meier) hat. Mitunter übertreibt es das Drehbuch vielleicht mit den Metaphern, insgesamt ist „Ich bin dein Mensch“ aber ein wunderbarer Sommerfilm, der vielleicht ein wenig mehr weh tun könnte. Aber dann wäre er eben vielleicht auch kein Sommerfilm mehr.


Ich bin dein Mensch
Regie: Maria Schrader
Kinostart: 1. Juli 2021

Redaktion: Philipp Demankowski

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