Meißen: Kreatives Duo zwischen Weinbergen und Leinwänden

© Melanie Dietze Photoart - melaniedietze.com
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Meißen, bekannt für seine malerische Weinland­schaft und historische Altstadt, hat zwei außergewöhnliche Künstler als Be­wohner gewonnen: der Spanier Emilio Fornieles und seine Frau Zofie Angelic – in Dänemark aufgewachsen, mit tschechisch-französischen Wurzeln. Das Paar, das auf eine beeindruckende internationale Karriere zurückblickt, hat in der sächsischen Stadt eine neue Heimat gefunden. Im Interview erzählen sie, wie sie nach Meißen kamen, welche Projekte sie hier verwirklichen und wie sie ihre Kunst mit sozialem Engagement verbinden.

Was hat ein Paar wie Euch mit kosmopolitischen und internationalem Background dazu bewogen, Meißen als Lebensmittelpunkt zu wählen?
Zofie Angelic: Unsere Wohnung in Berlin wurde wegen Eigen­bedarf gekündigt, dann haben wir in Brandenburg ein Haus gefunden, in dem wir eine Weile gelebt haben. Doch uns störte der Flug­verkehr, der jeden Tag Unruhe brachte. Dann habe ich meine Mutter in Prag besucht und auf dem Weg dahin Meißen und die tolle Wein­landschaft mit den vielen Winzern entdeckt und mich sofort verliebt. Ich nenne Meißen auch gern ,,das kleine Prag”, denn der Charme der Stadt mit den vielen Gassen und der Historie ist durchaus vergleichbar.
Emilio Fornieles: Wir verbinden auch gern Kunst mit Wein und bieten den Leuten ein Erlebnis. Ich habe erst vor kurzem Etiketten für eine Special-Edition von Rotweinen entworfen, sowohl für das Weingut Schuh als auch für Maria Lehmann. Ich war extrem überrascht, dass Sachsen so tolle Rotweine in dieser Region produzieren!

Emilio, Du bist ein berühmter Performance-Künstler, der gern life auf der Bühne malt…
Emilio Fornieles: Ja, und gern auch in Begleitung von Musik und Tanz. Das begann 2013, als ich nach Deutschland gekommen bin. Ich wurde von deutschen Galeristen und Kuratoren unter der Schirmherrschaft der spanischen Botschaft ein­geladen, nach Berlin zu kommen, um ein Kunstprojekt zu realisieren. Anlass war der 25. Jahres­tag der Städtepartner­schaft zwischen Madrid und Berlin und ich war die Überraschung für den damaligen Bürgermeister Klaus Wowereit, den ich innerhalb einer Stunde malte und der total begeistert vom Ergebnis war! Ich teilte mir die Bühne mit einer Flamenco-Tänzerin und hatte die Er­kenntnis, dass Musik, Tanz und Malerei sehr gut beim Publikum ankommen. Danach folgten verschiedene öffentliche Auftritte auf internationalen Kunst­messen, bei denen ich zum Beispiel Nick Cave malen durfte.
Zofie Angelic: Emilio ist weltweit bekannt für seine expressiven Porträts und hat schon viele bedeutende Persönlichkeiten ge­malt, wie zum Beipiel David Bowie, Picasso, Paco de Lucia oder Karel Gott. Emilio erhielt sogar eine Goldmedaille vom spanischen König für sein Portrait, das bis heute im Palacio de la Zarzuela hängt. Eine kleine Silbermedaille bekam er von Karel Gott, den er vor laufender Fernsehkamera malte. Das Kunstwerk wurde von Karel anschließend gekauft und der Erlös an eine Stiftung für autistische Kinder gespendet.

© Privatarchiv Emilio Fornieles

Wie bist Du überhaupt so bekannt geworden? Gab es ein besonderes Schlüssel­erlebnis?
Emilio Fornieles: Ich muss sagen, meine Frau hat sehr viel für mich getan. Seit wir uns kennen, ist sie meine Managerin. Als Künstler braucht man immer jemanden, der für einen spricht. Zofie ist in Kopenhagen aufgewachsen und hat lange in Paris und Prag gelebt. Sie hat sehr viele Kontakte und ist europa­weit gut vernetzt.
Zofie Angelic: Ich denke, man kann selbst über seine Kunst nicht so sprechen, wie es andere können…
Emilio Fornieles: Das stimmt. In Spanien hatte ich das große Glück, den portugiesischen Litera­tur­­nobel­preisträger José Saramago zu treffen, der mich gefördert hat. Er hat mich nahezu katapultiert mit Ausstellun­gen in Italien und Portugal. Dank ihm wurde ich Botschafter der spanischen Kunst – mit künstlerischen Projekten nicht nur in Europa, sondern auch in Asien.

Dein neuestes Projekt hat Dich auch nach Asien geführt. Erzähl uns etwas darüber…
Emilio Fornieles: Meine aktuelle Ausstellung zeigt ein riesiges Gemälde, das bei einem Work­shop mit 130 Kindern der ,,School for Life” und in Erinnerung an den Gründer und Initiator Prof. Jürgen Zimmer, Bundes­verdienst­kreuzträger der Bundes­republik Deutsch­­land, entstand. Es heißt ,,Chang an der Elbe” und zeigt einen weißen Elefanten an der Elbe mit der Albrechts­burg im Hintergrund und ist eine Hommage an die Stadt Meißen. Die Ausstellung wird ergänzt durch eine Foto­reportage meiner Frau Zofie Angelic, die teilweise sehr erschreckende Lebensum­stände der Kinder in Thailand widerspiegelt. Das Kunst­werk wurde übrigens von der amerikanischen Firma CMC World Travel gekauft – unter der Bedin­gung, dass die Malerei in Meißen sichtbar bleiben soll. Der Ober­bürger­meister Olaf Raschke hat uns angeboten, das Gemälde zwei Monate im Rathaus auszustellen. Und der Erlös ging natürlich an das Projekt in Thailand.

Chang an der Elbe / © Privatarchiv Emilio Fornieles

Zofie, wie erging es Dir, als Du die Fotoreportage gemacht hast?
Zofie Angelic: Das war sehr bewegend für mich! Ein Gefühl vermitteln zu können, durch das sich die Kinder geschätzt und gesehen fühlen, ist mehr wert als alles andere! Die Stadt Meißen hat uns zum Dank an die Kinder 140 kleine Krönchen aus Pappe mit der Aufschrift Königin und König gegeben, die wir an die Schule geschickt haben. Es ist ein Zeichen der Wertschätzung, um ihr Selbstbewusstsein zu stärken und zu zeigen, dass jeder Mensch wertvoll ist. Man muss auch dazu wissen, dass Kinder in Thailand niemals betteln würden, egal, wie schlimm die Situation ist.
Emilio Fornieles: Für die Kinder war dieses Projekt in vielerlei Hin­sicht eine gute Lektion. Zum einen, wie ein Gemälde entsteht, zum anderen, wie das Leben eines Künstlers aussehen kann und die Tatsache, dass man auch davon leben kann. Die aktive Beteiligung an der Ent­stehung des Gemäldes lehrte sie auch dessen Wert.

Dieses Projekt vereint so viel, was Euch als Paar ausmacht: Euer soziales Engagement, das künstlerische Schaffen und die Liebe zu Meißen. Welche Pläne wollt Ihr in Zukunft noch gemeinsam umsetzen?
Zofie Angelic: Wir möchten gern unsere Galerie auch mit anderen Künstlern teilen und eine Plattform für regionale Kunst schaffen. Es gibt so viele tolle Künstler hier, die wir gern für die Welt sichtbar machen wollen. Man sollte Meißen da nicht unterschätzen. Gerade im Sommer während der Festival­saison ist hier einiges los und viele interessante Leute kommen in die Stadt. Wenn man die Türen öffnet, kommt man schnell ins Gespräch. Außer­dem laden wir unser internationales Netzwerk auch gern nach Meißen ein. Kurz vor Weihnach­ten zum Beispiel kam ein befreundetes Paar aus Amerika zu Besuch, die ihren Ausflug nach Meißen mit einem Besuch in Dresden und Radebeul verbunden haben. Sie waren total begeistert! Ich glaube, dass sich die Kunstszene hier im Osten Deutschlands stetig weiterentwickelt und Berlin längst nicht mehr als einzige Kunst­metro­pole gilt…
Emilio Fornieles: Das stimmt! Wir kennen zum Beispiel die Leute von Kreatives Sachsen, einer Initiative der sächsischen Kultur- und Kreativwirtschaft, die die Vielseitigkeit der sächsischen Kreativ­szene zeigen soll. Ich war letztes Jahr bei der „Werkschau – Made in Sachsen“ im Industriemuseum in Chemnitz als einziger ausländischer Vertreter mit dabei. Das Konzept passt natürlich super zur Europäischen Kulturhauptstadt, zu der Chemnitz dieses Jahr erst gekürt wurde.

Wie sehen Eure Erfahrungen mit KI aus?
Emilio Fornieles: Ich beschäftige mich nebenberuflich auch mit 3D-Visua­­lisierungen im Architekturbereich. Es ist faszinierend, dass ein paar Worte in Sekundenschnelle ein Ergebnis zaubern können. Und dennoch braucht es den Menschen, der die Visuali­sie­run­gen steuert und designt. Ich nehme gern Aufträge von Architekten an und bringe meine künstlerischen Ideen ein. Die meiste Zeit verbringe ich jedoch mit Portraitieren, auch von Privatpersonen.
Zofie Angelic: Ich hatte Emilio mit einem sehr reichen Mann in Karlsbad verabredet. Er wollte, dass ihn Emilio auf einer Cocktail­party anlässlich seines Geburtstages im Garten portraitiert. Das Ganze sollte sich nur im Hintergund bei klassischer Musik abspielen, damit sich die Leute weiter unterhalten können. Er erwartete jedoch nicht, dass alle 400 Gäste um Emilio herumstanden und total gespannt zuschauten, wie sein Portrait entstand!

Zofie, Du bist selbst auch Künstlerin und Designerin und hast Dein eigenes Schmucklabel Zofie Angelic Couture gegründet …
Zofie Angelic: Das war 2002 in Berlin. Ich habe unzählige Fashion­shows in Berlin, Paris, London, Prag oder Dubai begleitet. Auch in Sachsen präsentierte ich meine Schmuckkollektionen u.a. auf der Mercedes Benz Fashion Week oder auch auf Schloss Wackerbarth. Ich durfte mit bekannten Modedesignern wie Guido Maria Kretschmer zusammenarbeiten. Zu meinen Kunden gehörten viele Prominente wie Ralf Müller, Marilyn Manson oder Till Lindemann von Rammstein.

Zofie Angelic Couture (Schmuck) & Guido Maria Kretschmer (Hosen) für Mercedes Benz Fashion Week 2013 Berlin / © Gettyimages®

Woraus bestehen denn Deine Kleidungs­schmuckstücke?
Zofie Angelic: Ich habe das handwerkliche Können der böhmischen Glas­macher aufgegriffen und Glassteine in herrlichen Farb­variatio­nen nach meinen Ent­würfen in traditionellen Manufakturen herstellen lassen. Meine Inspiration fand ich im Jugendstil und Art déco. Das Schöne ist, es sind Einzelanfertigungen oder Modelle in kleinen Serien, die mit einem Zertifikat versehen sind. Ich fertige auch Perlen­kleider, Kopfbedeckun­gen und Accessoi­res individuell nach Maß an. Dadurch gleicht kein Kleid dem anderen. Doch jetzt möchte ich mich verändern und statt Kristall Porzellan verarbeiten. Ich habe dazu schon jede Menge Ideen, die ich umsetzen möchte!

emiliofornieles.com I zofieangelic.com

Interview: Sabine Dittrich

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