Wie das Stollenmädchen zu ihrem Opel kam …

© Michael Schmidt - www.schmidt.fm
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Kooperation aus Tradition: Schutz­verband Dresdner Stollen e.V. und Autohaus Dresden GmbH

Weihnachtszeit ist auch Stollenzeit. Der Dresdner Christ­stollen genießt eine lange Tradition, die bis ins 15. Jahr­hundert zurückreicht. Damals wurde der Stollen übrigens Striezel genannt und war ein eher einfaches Backwerk, bestehend aus Wasser, Hefe und Mehl. Das änderte sich mit dem ,,Butterbrief”, den Kurfürst Ernst von Sachsen an den Papst Innozenz VIII. richtete, um das Butter­verbot aufzuheben, schließ­lich hatten die Sachsen einen Ruf als Genießer­volk zu verlieren. Mit Sultani­nen, Mandeln und besonderen Gewürzen verfeinert, entwickelte sich Dresdner Christstollen zu einer der beliebtesten weihnachtlichen Delikatessen. Einer der größten Liebhaber des ,,königlichen Gebäcks” war übrigens August der Starke. 1730 bestellte der sächsische Kurfürst einen Riesen­stollen, der von etwa 100 Bäcker­meistern und Gesellen unter Verwendung von 3.600 Eiern, 326 Kannen Milch sowie einer Tonne Weizenmehl gebacken wurde. Bis heute wird jeden Samstag vor dem 2. Advent ein Riesenstollen zu Ehren des Kurfürsten gebacken und beim Stollenfest feierlich angeschnitten. Wir trafen uns zum Start der Stollensaison mit Karoline Marschallek, Ge­schäfts­führe­rin des Schutz­verbands Dresdner Stollen e.V., und Christian Schleicher, Geschäftsführer vom Autohaus Dresden, und sprachen über ihre Kooperation sowie über den Wert von Ritualen und Tradi­tionen…

Top: Seit 2014 sind der Schutzverband Dresdner Stollen und das Autohaus Dresden schon miteinander verbändelt…

Christian Schleicher: Ja, auch in dieser Konstellation. Karo und ich kennen uns seit 2014, damals haben wir erstmals das Stollen­mädchen unterstützt. In diesem Jahr ist es bereits das 11. Stollen­mädchen, das wir sponsern.

v.l.: Christian Schleicher und Karoline Marschallek / Foto: © 2024 Michael Schmidt – www.schmidt.fm

Top: Wird das Stollenmädchen einmal im Jahr kurz vor der Weih­nachtszeit aus eigenen Kreisen gewählt?

Karoline Marschallek: Genau, dieses Ritual gibt es jetzt seit 30 Jah­ren – wir feiern ja ein großes Jubiläum in diesem Jahr! Stollen­­­mädchen sind junge Frauen, die im Bäcker- und Konditoren­hand­­werk lernen, entweder als Auszubildende zur Bäckerin, Konditorin oder zur Fachverkäuferin. Stollenmädchen können nur junge Frauen werden, die in einem unserer Mitglieds­be­triebe lernen. Das ist ganz wichtig, denn es muss eine direkte Verbindung zum Dresdner Christstollen geben. Man kann sich für das Amt nicht wirklich bewerben, die Frauen werden von den Berufs­schullehrern vorgeschlagen.

Top: Nach welchen Kriterien werden denn die Kandidatinnen ausgewählt?

Karoline Marschallek: Hier geht es um Leistung, Verhalten und Auf­treten, denn es ist ein sehr repräsentatives Amt. Man hat als Stollenmädchen eine große Verantwortung, denn man spricht am Ende für über hundert Unternehmen aus dem Bäckerhandwerk.

Top: Wie heißt das neue Stollenmädchen und was zeichnet es aus?

Karoline Marschallek: Lorna Prenzel ist zum neuen Stollenmädchen gewählt worden. Sie ist 22 Jahre alt, doch ihr Lebenslauf ist schon jetzt beeindruckend. Lorna hätte mit ihrem Einser-Abitur alles studieren können, doch sie hat sich ganz bewusst für den Weg im Handwerk entschieden. Sie hat sich nach dem Abitur eine Auszeit genommen und ist fünf Monate allein den Pacific Crest Trail, einen rund 4000 Kilometer langen Fernwander- und Reitweg im Westen der Vereinigten Staaten, gewandert. Das zeugt von viel Mut, Durchhaltevermögen und Offenheit. Lorna fragte sich in dieser Zeit, welcher Beruf überall angesehen ist und kam so zum deutschen Bäckerhandwerk, das weltweit guten Ruf genießt. Für uns ist es ganz wichtig, dass der Dresdner Christstollen von einer authentischen Person aus dem Handwerk repräsentiert wird, denn Marken werden nunmal von Menschen gemacht.

30. Dresdner Stollenmädchen Lorna Prenzel / Foto: © 2024 Michael Schmidt – www.schmidt.fm

Top: Was sind denn die Aufgaben des Stollenmädchens?

Karoline Marschallek: Wir haben viele Presseanfragen, mittlerweile auch weltweit, und sind auf etlichen Veranstaltungen für die touris­tische Vermarktung vom Dresdner Elbland unterwegs. Besonders in der Vorweihnachtszeit dürfen der Dresdner Christ­stollen und die neue Marken­botschafterin nicht fehlen. Unsere Bäcker sind jedes Jahr aufs Neue mit großer Freude an der Fort­führung dieser Tradition beteiligt. Es ist eine große Gemeinschaft, die dieses Produkt liebt und mit Leidenschaft herstellt!
Top: Liebe zur Tradition und zum Handwerk, Authentizität und Expertise sind auch Werte, die das Autohaus Dresden vertritt…

Christian Schleicher: Das stimmt! Uns gibt es schon seit über 30 Jahren! Es war 2014 eine gute Möglichkeit, unsere eigene Marke in der Stadt durch das Stollenmädchen bekannter zu machen. Das hat sich mittlerweile geändert. Natürlich ist das Stollen­mobil immer noch eine tolle Marketingmaßnahme. Doch darüber hinaus haben sich über die Zeit auch Freundschaften entwickelt. Man trifft jedes Jahr zur gleichen Zeit alle, die an dieser Aktion beteiligt sind. Dazu gehört auch der Fotograf, der seit zehn Jahren Fotos für den Stollenschutzverband macht, oder der eine oder andere Bäcker, den man wiedersieht. Es ist also längst nicht mehr nur Marketing, sondern auch für uns eine schöne Tradition, die man gerne bewahrt.

Top: Frau Marschallek, was hat Sie 2014 dazu bewogen, mit dem Autohaus Dresden zusammenzuarbeiten?

Karoline Marschallek: Es ging darum, einen Mehrwert für die junge Frau zu schaffen, die das Amt des Stollenmädchens übernimmt. Es stehen ja sehr viele Termine im letzten Quartal an, da sollte es möglichst einfach sein, diese wahrnehmen zu können. Ein Auto kann man sich als Azubi meistens nicht leisten. Bei Christian Schleicher bin ich gleich auf offene Ohren gestoßen. Für unser Stollen­mäd­chen ist ein eigenes Fahrzeug eine große Erleichte­rung, denn von Anfang Oktober bis Ende Dezember muss sie zwischen 60 und 70 Termine wahrnehmen – und das neben der Schule und der regulären Arbeit in der Backstube!

Top: Was schätzen Sie am meisten an Ihrer Arbeit beim Stollen­schutzverband?

Karoline Marschallek: Ich habe Kommunikation studiert, also selbst nie das Bäckerhandwerk gelernt. Ich bin bereits seit 2012 für den Stollenschutzverband tätig und nach wie vor beeindruckt, wie groß der Zusammenhalt in dieser Gemeinschaft ist. Gerade in der heutigen Zeit, wo vieles auseinandergeht, gewinnt das Miteinander immer mehr an Bedeutung.

Christian Schleicher: Auch ich finde dieses Gemeinschaftsgefühl unglaublich beeindruckend! Es gibt im Raum Dresden über 120 Bäcker, die das ganze Jahr über fleißig ihre Backwaren produzieren und verkaufen. Doch in diesen drei Monaten gibt es keine Konkurrenz, denn alle arbeiten gemeinsam für die Marke Dresd­ner Christstollen. Die Handwerker stehen in dieser Zeit also nicht nur für sich selbst, sondern für dieses eine Produkt ein, dessen Bekanntheitsgrad mittlerweile in die ganze Welt hinausgetragen wird. Davon profitieren am Ende alle. Und es wird ein Riesen­aufwand betrieben, vor allem zum Umzug, um die knapp 70.000 Besucher nachhaltig zu beeindrucken.

Karoline Marschallek: Das Dresdner Stollenfest ist eines der größten Events in der Stadt, und die Marke hat zunehmend an touristischer Bedeutung gewonnen. Es ist diese Spezialität, die man automatisch mit einer Stadt oder Region in Verbindung bringt. Wenn man beispielsweise nach Linz fährt, muss man unbedingt ein Stück Linzer Torte probieren. Unser Christstollen ist die Spezialität aus Dresden! Zum Stollenfest am Samstag vor dem 2. Advent ist Dresden immer komplett ausgebucht! Wir haben Gäste aus den USA und Japan, die den Anschnitt des Riesen­stollens miterleben wollen. Es gibt sogar ein paar Sonderzüge aus Tschechien, die Gäste nach Dresden bringen.

Top: Herr Schleicher, durften Sie auch schon einmal den Riesen­stollen mit anschneiden?

Christian Schleicher: Ich muss gestehen, dass ich nicht wirklich handwerklich begabt bin. Ich sollte den Stollen nicht anschneiden, das machen die Bäcker viel besser als ich. Aber was den Verkauf angeht, halte ich mich für geeignet. Das ist etwas, was mir sehr viel Spaß macht. Er ist schon eine kleine Sensation – ein tonnenschwerer Stollen, der nach Feierabend von den Bäckern gebacken und dann Stück für Stück zusammengesetzt wird. Zum Stollenfest wird der Riesenstollen dann vom Stollen­mädchen und einem Ehren­mit­glied aus der Stollenbäckerschaft feierlich angeschnitten.

Karoline Marschallek: Das ist eine große Auszeichnung für Mit­glieder, die sich über viele Jahre oder Jahrzehnte ehrenamtlich eingebracht haben. Letztes Jahr hat Bäckermeister Rudi Maaß mit angeschnitten. Er hat maßgeblich das Konzept unserer Schau­werk­stube auf dem Striezelmarkt entwickelt, wo täglich von 10 bis 18 Uhr Stollen im Holzbackofen ausschließlich von ehrenamtlichen Bäckern und Bäckerinnen gebacken werden. Mehr Marke und mehr Gemeinschaft geht nicht! Wir haben insgesamt zwei Schau­backstuben, sogar eine an der Kreuzkirche für Kinder, wo mit den ,,Alten Meistern” Plätzchen gebacken werden.

Foto: © Michael Schmidt – www.schmidt.fm

Top: Das ist ein schönes Plädoyer für das traditionelle Hand­werk! Und trotzdem verändert sich der Markt. Welchen Einfluss haben diese Veränderungen auf Ihre jeweiligen Geschäftsfelder?

Christian Schleicher: Natürlich haben die Einflüsse von Online-Platt­formen zugenommen. Vor zehn Jahren sind die Leute noch ins Autohaus gekommen und wurden mehrere Stunden individuell beraten. Ein Großteil der Kunden, die heute zu uns kommen, wissen ähnlich viel wie unsere Verkäufer. Wir stehen in Konkurrenz zu Onlinebörsen, müssen aber einmal mehr mit der Qualität unserer Beratungen überzeugen. Auf der anderen Seite: Ist das Auto kaputt, kann man es nicht online reparieren lassen, dann müssen die Leute zu uns kommen. Es geht nicht darum, dass oder wie sich der Markt verändert, sondern wie man darauf reagiert. Wenn sich die Dinge verändern, ändern wir uns im Idealfall mit, so dass wir wirtschaftlich überleben können. Bei den Bäckern ist das sicherlich nicht anders. Umso schöner ist es, einen Partner zu haben, der verlässlich in guten wie in schlechten Zeiten ist, so wie den Stollens­chutz­verband!

Karoline Marschallek: Auch das ist etwas, das auch wir sehr wertschätzen! Wir haben das große Glück, bei einem so schönen Thema zusammenzuarbeiten und es passt einfach auch zwischenmenschlich! Was den Wandel betrifft, müssen sich auch die Bäcker im Alltäglichen dem Markt und den Verbrauchern anpassen und beispielsweise ihre Onlinevermarktung vorantreiben. Der Dresdner Christstollen jedoch wird sich nie ändern – so wie sich auch das Weihnachtsfest nicht verändern wird! Es bleibt diesselbe Rezeptur wie schon seit hunderten von Jahren. In diesen Zeiten, wo sich vieles verändert, geben gerade diese Tradi­tionen Halt und Sicherheit. Man wird sich immer gern daran erinnern, wie der Apfelkuchen der Großmutter geschmeckt hat und diese Erinnerung mit positiven Gefühlen verknüpfen. Diesen magischen Moment wollen wir auch mit dem Dresdner Christ­stollen hervorrufen.

www.autohaus-dresden.de I www.dresdnerstollen.com

Interview: Sabine Dittrich

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