Vom Sinn des Lebens
,,Die Fülle des Lebens ausleben, gibt ihm erst Sinn.” – Helmut Glaßl, deutscher Autor und Aphoristiker
„Der Winter geht nicht, ohne einen Blick zurückzuwerfen“, besagt ein finnisches Sprichwort. Wenn wir nun zurückblicken, stellt sich unweigerlich die Frage nach dem Sinn des Ganzen. Denn egal, wir sehr wir auch planen, organisieren oder strukturieren, um unserem Leben eine Richtung zu geben, es kommt immer anders, als man denkt! Das Leben ist schwer, wenn nicht gar unmöglich, unter Kontrolle zu bekommen. Nicht selten werden wir von Unvorhergesehenem überrascht, das uns von einem Moment zum anderen aus der Bahn wirft oder sogar in eine vollkommen neue Richtung lenkt. Wir alle stellen uns die Frage nach dem Sinn des Lebens, ganz besonders in Krisenzeiten. Doch ist diese Frage nun berechtigt oder wird sie gar überschätzt?
Die Frage nach dem Sinn des Lebens gehört zu den ältesten Fragen der Menschheit. Philosophen, Dichter und Denker haben sie über Jahrtausende hinweg in unzähligen Variationen gestellt. Ist der Sinn des Lebens ein festgelegtes Ziel, ein göttlicher Plan, oder liegt er schlichtweg in der Freiheit, selbst zu entscheiden? Für viele Menschen beginnt die Suche nach dem Lebenssinn mit der Erkenntnis, dass das Leben vergänglich ist. Die Tatsache, dass wir nur eine begrenzte Zeit auf dieser Erde haben, verleiht unseren Entscheidungen Gewicht. Während einige den Sinn in religiösen oder spirituellen Überzeugungen finden, sehen ihn andere in weltlichen Errungenschaften wie Erfolg, Familie oder der Liebe. Es gibt Menschen, für die sich der Sinn in der Verwirklichung der eigenen Interessen oder Talente offenbart, für andere wiederum in der aufopferungsvollen Unterstützung von gesellschaftlich Benachteiligten oder im ehrenhaften Engagement für die Umwelt oder den Tierschutz. Dann gibt es diejenigen, die den Sinn nur in der Gemeinschaft erfahren, während andere den Sinn in der Stille der Abgeschiedenheit suchen. Dem einen offenbart sich der Sinn des Lebens im Glauben, dem anderen in der Kunst. Manche denken, dass sich der Sinn erst am Ende des Lebens zeigt und hoffen auf glückliche Fügungen.

Sinn oder Unsinn?
Einige Philosophen, wie der Existentialist Jean-Paul Sartre, behaupten, dass es keinen vorgegebenen Sinn des Lebens gibt. Vielmehr seien wir selbst dafür verantwortlich, ihm Bedeutung zu geben. Diese Idee kann sowohl befreiend als auch beängstigend sein. Sie lädt uns dazu ein, das Leben nach unseren eigenen Vorstellungen zu gestalten, konfrontiert uns aber gleichzeitig mit der Last dieser Freiheit. Es liegt wohl am Menschsein selbst, dass wir uns unweigerlich die Frage stellen, ob unser Leben nun einen Sinn macht oder nicht. Die meisten von uns wollen unbedingt Spuren hinterlassen – ob große oder kleine obliegt wohl ganz der Größe des Egos. Doch es gibt auch hier Ausnahmen, die einer vollkommen anderen Philosophie folgen. Da sind diese ganz besonderen Menschen, die das Leben einfach so nehmen wie es ist und sich jeden Tag über die Fülle der Möglichkeiten freuen. Beinahe spielerisch tanzen sie durch den Alltag, immer mit einem Lächeln auf den Lippen und einem starken moralischen Kompass folgend. Es sind diejenigen unter uns, die den Glauben an sich und die Menschen, die sie lieben, niemals verlieren. Das sind die Personen, die selbst in düsteren Zeiten den Weg ins Licht wieder zurückfinden. Es sind die Menschen, die uns inspirieren und gleichzeitig Sicherheit geben. Der Grund dafür ist ihr unerschütterliches Vertrauen in sich selbst und ins Leben.
Alles Leben macht Sinn
Die Antwort auf die Frage nach dem Sinn des Lebens ist so komplex wie die Menschheit selbst. Vielleicht ist der Sinn keine fixe Größe, sondern vielmehr eine Reise, die sich im Laufe unseres Lebens wandelt. Es liegt an uns, dieser Reise mit Offenheit, Neugierde und Dankbarkeit zu begegnen. Wenn wir darauf vertrauen, dass der Sinn des Lebens im Leben selbst liegt, nehmen wir uns eine große Last von den Schultern. Empfangen wir also alles, was uns geschenkt wird, mit offenen Armen, und lassen es in Dankbarkeit los, wenn die Zeit gekommen ist. Oder um es in den Worten von Oskar Wilde zu sagen: ,,Am Ende wird alles gut. Und wenn es nicht gut ist, ist es noch nicht das Ende.”
Redaktion: Sabine Dittrich