MARIA STUART am Staatsschauspiel

Keine Zeit für Gefühle: Macht und Intrigen in Friedrich Schillers Drama Maria Stuart in der Regie von Thomas Dannemann am Staatsschauspiel Dresden.
Friedrich Schillers Drama Maria Stuart wurde bereits im Jahr 1800 in Weimar uraufgeführt, doch der Stoff wirkt durch seine gelungene Dresdner Umsetzung in der Regie von Thomas Dannemann auch 2018 keineswegs verstaubt.
Worum geht es? Bereits seit 19 Jahren ist Maria Stuart (Anja Laïs), Königin von Schottland und Frankreich, wegen des Verdachts der Beihilfe an der Ermordung ihres Gatten aus Schottland verjagt und nach England geflohen, die Gefangene der englischen Königin Elisabeth (Fanny Staffa). Da die Katholikin Maria Stuart selbst Ansprüche auf den englischen Thron erhebt, ist sie ihrer Cousine, der Protestantin Elisabeth, noch immer gefährlich. Zudem ist Maria eine gerissene Intrigantin, die später auch vor einem Auftragsmord auf Elisabeth nicht zurückschreckt, um ihre Freiheit und Macht zurück zu erlangen. Das Scheitern dieses Attentats besiegelt am Ende Maria Stuarts Hinrichtung.

Maria Stuart von Friedrich Schiller, v.l.: Fanny Staffa, Anja Laïs / Foto: © Sebastian Hoppe
Doch letztlich ist auch die englische Königin eine Gefangene ihrer Rolle als weibliche Monarchin, der Staatsinteressen, der Erwartungen des englischen Volkes und der Forderungen ihrer zum Teil zweifelhaften Berater. Und auch Elisabeth versucht schließlich, sich Maria Stuarts durch einen Auftragsmord zu entledigen, um nicht die öffentliche Verantwortung für deren Hinrichtung übernehmen zu müssen, nicht als grausame Herrscherin und Königinnenmörderin zu erscheinen.
Gezeichnet wird in Schillers Trauerspiel eine Welt, in der das Ringen um Macht(erhalt) und Einfluss über dem Gewissen der Akteure steht, wo in der Politik kein Raum für Gefühle bleibt. Das Handeln der Protagonisten ist stets getrieben, nicht authentisch. Dies wirkt auch heute noch erschreckend aktuell.
Zeitgemäß umgesetzt erscheint die Aufführung am Staatsschauspiel Dresden durch die reduzierte Bühne von Olaf Altmann und das perfekt gesetzte Licht (Michael Gööck). Zwei schräge Ebenen auf Bühnenbreite benötigen keinerlei weitere Dekoration: Eine hebt und senkt sich vom Boden, die Schauspieler agieren auf ihr. Eine weitere Ebene bewegt sich gelegentlich von oben herab und bestimmt so den Raum. Die Umsetzung dieser gestalterischen Idee ist beeindruckend.

Maria Stuart von Friedrich Schiller
Fanny Staffa als englische Königin Elisabeth / Foto: © Sebastian Hoppe

Maria Stuart von Friedrich Schiller: Anja Laïs als Maria Stuart, Königin von Schottland / Foto: @ Sebastian Hoppe
Die Leistungen der Schauspieler stehen in diesem bewusst kargen Umfeld im Mittelpunkt: Fanny Staffa überzeugt in der Rolle als englische Königin Elisabeth auf ganzer Linie. Die Zerrissenheit der Persönlichkeit im prachtvoll glitzernden Kleid (Kostüme: Regine Standfuss) ist jederzeit spürbar. Anja Laïs als Maria Stuart ist eine verbitterte und angegriffen scheinende Gegenspielerin, auch sie in ihrer Darstellung der Rolle beeindruckend. Großartig ist Ahmad Mesgarha als Graf von Leicester, ein zwielichtig agierender Opportunist und ein doppeltes Spiel treibender Verführer. Ebenfalls immer glaubwürdig hat Torsten Ranft in der Rolle des energischen Grafen Burleigh die Staatsräson im Blick. Allzeit unbestechlich und korrekt – also ganz seiner Rolle entsprechend – ist Raiko Küster als Marias Wächter Amias Paulet. Auch Victor Tremmel (französischer Graf Aubespine und englischer Staatssekretär Davison), Lukas Rüppel (Mortimer) und Hans-Werner Leupelt (Graf von Shrewsbury) können in ihren Rollen überzeugen.
Einen Besuch der Aufführung möchten wir Ihnen ans Herz legen. Schillers „Maria Stuart” ist hier ein Klassiker, der nichts von seiner Aktualität verloren hat und nachdenklich stimmt. Die Dresdner Inszenierung ist spannend und ohne Längen. Das Publikum applaudierte entsprechend begeistert und ausdauernd.
Maria Stuart von Friedrich Schiller
Dauer der Aufführung: ca. zwei Stunden, keine Pause.
Schauspielhaus, Theaterstraße 2, 01067 Dresden
Termine, Karten etc. unter www.staatsschauspiel-dresden.de
Text: Jörg Fehlisch