Gärten, Kunst und starke Frauen: Andréa Ferréol & Marie-Laure Viebel

links: Andréa Ferréol (© les enfants terribles), rechts: Marie-Laure Viebel an der blattvergoldeten Skulptur „Coco de Mer” (© Mario Fourmy)
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Ein kultureller Spaziergang durch die privaten, üppigen Gärten im Zentrum des romantischen, südfranzösischen Städtchens Aix-en-Provence, zusammen mit dem Film-, TV- und Büh­nen­­star Andréa Ferréol und der Bild­hauerin Marie-Laure Viebel.

Dick und gefräßig waren die Bilder, die das internationale Filmpublikum 1973 im Marco-Ferreri-Film La Grande Bouffe (Das große Fressen) von Andréa Ferréol zu sehen bekam. Über Nacht sprach man weltweit über die rothaarige Südfranzösin. Das neugierige Filmpublikum wollte mehr von ihr sehen und wissen. 1976 gab ihr dann Werner Schroeter die Rolle der Marie in seinem Film „Die Goldflocken“ (Les Flocons d’or), drei Jahre später engagierte sie François Truffaut neben Catherine Deneuve und Gérard Depardieu in seinem Film «Le Dernier Métro» (Die letzte Metro), Volker Schlöndorff gab ihr im gleichen Jahr noch die Rolle der Lina Greff in seinem Film «Die Blechtrommel» (Le Tambour). Andréa Ferréol war ab so­fort weltweit berühmt. Ihr Name war international bekannt. Heute, nach über hundert Filmen, unzähligen TV-Rollen und vielen Theaterstücken, ist Andréa die wohl meistbeschäftigte Schauspielerin Frankreichs. Von 1984 bis 2014, 30 Jahre lang, war sie die Lebensgefährtin von Hollywoodstar Omar Sharif, dem „Doktor Schiwago“.

Schauspielerin Andréa Fer­réol im Stück „Amour, Gloire et Secrets” / © H. Louvet

In Aix-en-Provence wurde Andréa Ferréol als Ururenkelin des Dichters Frédéric Mistral im Lavendelduft, Grillengezirpe und verschwenderischen Jasminparfüm geboren. Schon bald zog es sie nach Paris, wo sie bei Jean-Laurent Cochet Schau­spiel­unterricht nahm. Ihre Karriere begann auf den Brettern der Pariser Bühnen. Diesen Sommer sah man sie in Paris auf der Bühne der Komischen Oper in „Samson“ von Jean-Philippe Rameau und Voltaire als farblose Alte. Normalerweise liebt Andréa bunte, elegante, französische Outfits und unübersehbaren Modeschmuck. Dies stellte am 27. Januar 2017 der französische Couturier Frédéric Mangin fest, als er und Andréa im Hauptgebäude der Garde Républicaine mit der Medaille der Ligue Universelle du Bien Public für besondere Verdienste geehrt wurden. Die französische Filmwelt verlieh Andréa Fer­réol zwei Mal die begehrte Trophée César, die dem Hollywood-Oscar gleichkommt. Die Ferréol hatte es geschafft. Auf den Pariser Bühnen Chaillot sah man sie u.a. in Bertolt Brechts Stück „Turandot ou le congrès des blanchisseurs“, Regie Georges Wilson, und im Theater Porte Saint Martin unter der Regie von Robert Hossein in Shakespeares „Roméo et Juliette“. 2013 verriet sie dem Pariser Theaterpublikum „Die wahre Geschichte der Maria Callas“.

Metall-Skulptur von Wilfrid Bricourt im Garten von Andréa Fer­réol in Aix-en-Provence / © Wilfrid Bricourt

Trotz all dem Erfolg blieb sie ihrer Geburtsstadt Aix-en-Provence treu. 2007 rief sie Ende Juni ein Wochenende lang Kul­turspaziergänge durch die privaten Gärten mitten in der Stadt Aix-en-Provence ins Leben. Sie stellte junge Künstler verschiedener Sparten vor, übernahm die Präsidentenrolle des Verbandes Aix-en-œuvres. Frankreich verlieh ihr den Offiziers­titel der Ehrenlegion.

Andréa Fer­réol mit Lord Michael Anders-Cavendish / © privat

2002 traf sie mit Michel Fraisset, dem Directeur des Cézanne-Ateliers, den Bildhauer Gabriel Sterk. Schon lange hegte Andréa den Wunsch, eine lebensgroße Statue von Cézanne ihrer Geburtsstadt zu schenken. Denn der berühmte Maler Paul Cézanne ist auch ein Kind der Stadt Aix-en-Provence. Gabriel Sterk sollte das Werk verwirklichen. Also nahm Andréa Ferréol all ihren Mut zusammen und kontaktierte die größten Firmen in der Provence und in Paris mit der Bitte um finanzielle Unterstützung für ihre «Association Aix-en-Œuvres». Dank de­ren Großzügigkeit konnte sie 2006 ihren Wunsch, eine Cézan­ne-Statue in Lebensgröße für ihre Heimatstadt Aix-en-Provence, verwirklichen. Mit dem übrig gebliebenen Geld rief die Schau­spie­lerin die «Flâneries d’Art contemporain dans les jardins aixois (die Kulturspaziergänge zeitgenössischer Kunst durch die privaten Gärten der südfranzösischen Stadt Aix-en-Provence)» ins Leben.

2007, im ersten Jahr der Kulturspaziergänge, hielt Andréa eine besondere Überraschung für das kunstinteressierte Pub­likum bereit. Marie-Laure de Villepin, Ehefrau des französischen Staatsministers Dominique de Villepin, verwirklichte als blutjunge Bildhauerin ihre ersten Statuen.

Marie-Laure Viebel vor der Skulptur FRONT CONTRE FRONT, ENSEMBLE ! (Front gegen Front, gemeinsam!) im Rahmen der Olympischen und Paraolympischen Spiele 2024 in Paris / © Mario Fourmy

Top Magazin-Redakteur Michel Anders-Cavendish, der die elegante Französin von den Charitygalas auf Schloss Versailles her kannte und in Matignon, dem Sitz der französischen Staats­mi­nister, zu Gast war, wollte mehr über Marie-Laures neues Hobby wissen und verabredete ein Treffen in ihrem Pariser Atelier.

Top: Wie kam es, dass Sie sich als Bildhauerin engagierten und sich den Künstlernamen Viebel zulegten?
Marie-Laure Viebel: Damals wollte ich meinem Leben einen neuen Inhalt geben. Von jeher hat mich die Bildhauerei passioniert. Mit dem Künstlernamen Viebel kam ich meinem Dip­lo­ma­ten-Ehemann Dominique de Villepin nicht ins Gehege. Als Dip­lo­­matenehefrau gab es gewisse Protokolle zu beachten. Wir lebten zwischen Washington, New Delhi, Paris, also überall auf der Welt und schließlich nirgendwo. Als Dominique und ich während eines Fluges auf den Seychellen wegen Ma­schi­nen­schaden im VIP-Sa­lon festsaßen, starrte ich eine riesengroße Coco de Mer an. Sie faszinierte mich, ließ mich nicht los. Ich fragte mich, wie ich sie künstlerisch ins richtige Licht rücken könnte. Die Coco de Mer hat eine Besonderheit. Sie gleicht einem menschlichen Popo. Mir kam der geniale Gedanke, sie zu vergolden.

Coco de Mer-Skulptur von Marie-Laure Viebel / © Mario Fourmy

Top: Also klemmten Sie sich eine Coco de Mer unter den Arm, um sie in Paris blattzuvergolden?
Marie-Laure Viebel: (hellauf lachend) So leicht war das nicht. Es gab da viel Behördenkram, um diese sehr schwere Coco zu verschiffen. Kaum war sie endlich angekommen, machte ich mich an die Arbeit. Objekte zu restaurieren oder zu vergolden war mein Hobby. Ich sah die Coco de fesse, Coco-Popo, schon im Glanz.

Top: Wie kam es, dass Andréa Ferréol auf Sie aufmerksam wurde?
Marie-Laure Viebel: Andréa und ich kannten uns schon lange vorher. Als sie eines Tages meine über einen Meter polierte Bronze-Coco entdeckte, rief sie begeistert: Die muss in meinen Garten nach Aix-en-Provence und zwar zu den Kultur­spazier­gängen. Das ist ein wahrer Knüller. Dann rannte sie auf sie zu und küsste sie mitten aufs Gesäß.

Coco aus leuchtendem Muranoglas von Marie-Laure Viebel / © Mario Fourmy
Leben für die Kunst

Marie-Laure Viebel hat die Coco weiterentwickelt. Aus leuchtendem Muranoglas schuf sie glitzernde Coco-Popos. Sie verfolgt leidenschaftlich ihre künstlerische Laufbahn. Dominique de Ville­pin und sie sind mittlerweile geschieden. Letztes Jahr zeig­­te sie zwei symbolische Statuen sportlicher griechischer Kämp­fer auf dem Platz Saint-Germain-des-Prés von Juni bis Sep­tem­ber zu den Olympischen Spielen. Ob Gold, polierte Bron­ze oder schillerndes Muranoglas, Marie-Laure schreitet auf dem roten Teppich des Erfolges voran. Andréa Ferréol und die Kul­tur­spa­ziergänge haben ihr geholfen, den holprigen Weg zum Erfolg zu ebnen.

Andréa Ferréol et Marie-Laure Viebel, deux femmes extraordinaires, autour des Flâneries d’Art Contemporain dans les Jardins Aixois.

En 1973, le film « La Grande Bouffe » de Marco Ferreri faisait connaître mondialement Andréa Ferréol. Puis suivaient les films « Les flocons d’or » (1976) de Werner Schroeter, « Le Dernier Métro » (1979) de François Truffaut, « Le Tambour » (la même année), de Volker Schlöndorff. Désormais, Andréa Ferréol était une actrice reconnue.
Aujourd’hui, après 100 films, plusieurs rôles sur petit écran et sur les scènes des plus grands théâtres de Paris et de toute la France, elle est devenue une comédienne célèbre. De 1984 jusqu’à 2014 Andréa était la compagne d’Omar Sharif, du docteur « Jivago » d’Hollywood.
Née à Aix-en-Provence, ville de l’impressionniste Paul Cé­zanne, à laquelle Andréa est restée toujours fidèle. En 2006, l’actrice et son association Aix-en-œuvres ont offert, avec les fonds récoltés, une statue grandeur nature de Paul Cézanne, créée par Gabriel Sterk, à sa ville natale durant la commémoration des cent ans de la mort du peintre.
L’argent restant a permis la création des Flâneries d’Art Contemporain dans les Jardins Aixois. Cette année, le 21 et le 22 juin, Andréa a fêté la 19ème édition.
En 2007, lorsque la Ferréol découvre l’immense statue en bronze polie inspirée d’un Coco de Mer, l’œuvre de Marie-Laure de Villepin, à l’époque épouse de l’ancien Premier Ministre Dominique de Villepin, la comédienne s’écrie : « Magnifique, unique. Nous devons la présenter dans mon jardin durant les prochaines Flâneries. » L’actrice s’élance vers la sculpture en forme de fesse et l’embrasse.
Marie-Laure se rappelle : « Mon mari et moi étions coincés à l’aéroport, aux Seychelles, suite à une panne d’avion. Dans le salon où nous patientions, était exposé un Coco de Mer, également appelé Coco-fesse, en raison de sa forme. Je l’ai fixé pendant des heures. Je me demandais comment le mettre en objet d’art ? Par la feuille d’or ? Le faire briller ? Je trouvais l’idée géniale. À l’heure où mes enfants préparaient le bac, je révisais l’histoire de l’art. » Marie-Laure éclatait de rire.
Entre-temps, Marie-Laure a divorcé de son mari diplomate et a pris le pseudonyme Marie-Laure Viebel (la vie est belle). Si les premières œuvres d’art de l’artiste consistent en applications à la feuille d’or, les suivantes, sculptées et polies à la main, sont en verre de Murano ou en bronze, comme la fantastique graine de plus d’ un mètre d ‘ hauteur plantée dans le jardin d ‘ Andréa Ferréol à Aix-en-Provence.
Cette exposition était une première. Entre-temps, Marie-Laure Viebel est une artiste reconnue. L’année dernière, de juin à septembre 2024, durant les Jeux Olympiques, sa sculpture « Front contre Front, ensemble », symbole de deux combattants grecs, était exposée à la Place Saint-Germain-des-Prés, à Paris.

Text und Interview: Michel Anders-Cavendish

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